Zu sehen ist der Gletscher Quelccaya in Peru. Wegen des Klimawandels zieht er sich pro Jahr um 30 Meter zurück.
Pro Jahr zieht sich der Quelccaya-Gletscher in Peru 30 Meter zurück.  (Bild: Edubucher/​Wikimedia Commons)

Ohne Wasser kein Leben. Doch Klimawandel, Biodiversitätsverlust und nicht nachhaltige menschliche Aktivitäten verändern die Gebirge und Hochgebirge weltweit in einem beispiellosen Tempo – und das bedroht die Wasserressourcen, von der weltweit Milliarden Menschen und viele Ökosysteme abhängen.

Darauf macht der neue Weltwasserbericht der Vereinten Nationen aufmerksam, der am heutigen Freitag veröffentlicht wurde und die zentrale Bedeutung einer intakten Bergwelt für die weltweite Wasserversorgung betont. Die globale Erwärmung lässt danach Gletscher und Schneedecken schmelzen, Wasserabflüsse immer unregelmäßiger werden und Permafrost auftauen. Es gebe dringenden Handlungsbedarf, um die sich zuspitzende Krise zu bewältigen.

Laut dem Report sind Gebirge eine essenzielle Quelle und ein zentraler Speicher für Süßwasser weltweit, von hier stammten bis zu 60 Prozent der Süßwasser-Ströme. Sie seien die "Wassertürme der Welt".

Es geht damit um die Lebensgrundlagen für fast die Hälfte der Menschheit. Denn: Über eine Milliarde Menschen lebt in Gebirgsregionen und mehr als zwei weitere Milliarden hängen von Wasser aus Bergen etwa für ihr Trinkwasser ab. Auch für Sektoren wie Viehzucht, Forstwirtschaft, Tourismus und Energieerzeugung ist eine stabile Versorgung entscheidend.

Der Bericht macht noch einmal klar, warum die Gebirgsregionen so wichtig sind. Im Vergleich zu Gebieten im Flachland fällt dort mehr Niederschlag und es verdunstet weniger Wasser. Das führt dazu, dass mehr Wasser direkt über die Oberfläche abfließt und sich in Flüssen sammelt, deren Wasser dann für Städte und Gemeinden, Industrie und Landwirtschaft zur Verfügung steht.

Schwerer Wassermangel künftig noch häufiger

Zudem spielen Schnee und Gletscher eine wesentliche Rolle als Wasserspeicher – Schneedecken tun das saisonal, alpine Gletscher langfristig. Doch beide Speicher sind besonders stark von der globalen Erwärmung betroffen. Der UN-Report mahnt, schwindender Schneefall in den Bergen und die Gletscherschmelze "mit beispielloser Geschwindigkeit" habe Folgen für zwei Drittel der bewässerten Agrarflächen in die Welt.

Bereits heute hat laut dem Bericht ein Viertel der Weltbevölkerung mit extremer Wasserknappheit zu kämpfen, und rund die Hälfte aller Menschen leidet zumindest zeitweise unter schwerem Wassermangel. Dennoch steige der Verbrauch Jahr für Jahr an. Den größten Anteil an der Wassernutzung habe die Landwirtschaft.

Als Schlaglicht auf die Veränderungen benennt der Report die berühmte Schneekappe auf dem japanischen Berg Fuji, einem Unesco-Welterbe, die im vergangenen Winter fast einen Monat später als üblich erschien. Dramatischer ist jedoch, dass die Niederschlagsveränderungen vielerorts das Risiko von Dürren erhöhen.

Beispiel hierfür: Der Colorado River in den USA, der etwa 40 Millionen Menschen versorgt, wird vor allem durch den Schneefall in den Rocky Mountains gespeist, und dort sind die Niederschläge laut dem Wasserbericht bereits seit Jahrzehnten zu gering. Der Colorado River gilt als der gefährdetste Fluss des Landes.

Wie dramatisch die weltweiten Veränderungen etwa bei den Gletschern sind, zeigen Daten des WGMS, des World Glacier Monitoring Service. Danach sind acht der zehn Jahre mit der negativsten Eis-Massenbilanz nach 2010 aufgetreten. Laut dem aktuellen Jahresbericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), vorgelegt am Mittwoch, sind Gebirgsgletscher in den vergangenen drei Jahren schneller abgetaut als je zuvor.

Neben mehr Unsicherheit bei der Wasserversorgung erhöhen das Gletscherschmelzen und das parallele Tauen des Permafrosts in alpinen Regionen das Risiko von Bergstürzen und "Ausbruchsfluten" von Gletscherseen. Durch solche Fluten sind vor allem im Himalaya Millionen Menschen bedroht.

"Gebirge werden politisch zu wenig beachtet" 

"Egal wo wir leben, wir sind alle irgendwie auf Berge und Gletscher angewiesen", sagte Unesco-Chefin Audrey Azoulay bei der Vorlage des Berichts zum Weltwassertag am Samstag. Der Report zeige, wie die effektivsten Lösungen für die Krise aussehen.

"Die Gemeinschaften, die diese lebenswichtigen Ressourcen schützen, sind mit am meisten von Ernährungsunsicherheit betroffen", ergänzte Alvaro Lario, Chef des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung IFAD und der UN-Unterorganisation UN-Water. "Wir müssen in ihre Widerstandsfähigkeit investieren, um Gletscher und Flüsse zu bewahren – und eine gemeinsame Zukunft für uns alle."

Die UN-Fachleute empfehlen in ihrem Report, die Systeme zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in Bergregionen besonders robust anzulegen. Zudem brauche es eine nachhaltige Bewirtschaftung der Gewässer und einen Ausbau der Beobachtungsinfrastruktur in Hochgebirgsregionen.

Weltwassertag

Der Weltwassertag wird seit mehr als 30 Jahren am 22. März begangen, diesmal unter dem Motto "Erhalt der Gletscher". Die Vereinten Nationen haben 2025 zum Internationalen Jahr des Gletscherschutzes erklärt. Damit wollen sie das Bewusstsein für die Bedeutung der lebenswichtigen Eismassen stärken.

Ulla Burchardt von der Deutschen Unesco-Kommission sagte in diesem Zusammenhang: "Gebirge bedecken knapp ein Viertel der Landoberfläche unseres Planeten, werden politisch aber zu wenig beachtet." Während viele Gewässer im Flachland heute schon nachhaltig bewirtschaftet würden, gelte das für Gebirge kaum. Das müsse sich ändern.

Der Report macht übrigens deutlich, dass auch Deutschland von den Veränderungen in den Gebirgen betroffen ist – durch die Folgen, die das absehbare Verschwinden der Alpengletscher und die verringerte Schneebedeckung für Flüsse wie den Rhein hat. Bei den alpinen Flüssen müsse man sich auf mehr Abfluss im Winter und Frühjahr sowie weniger im Sommer einstellen, sagte Ulrich Strasser, Professor für Geografie an der Universität Innsbruck.

Zwar werde sich die Gesamtmenge an Niederschlag nach neuesten Klimamodellierungen nicht wesentlich ändern. Man müsse allerdings mit längeren Trockenphasen im Sommer rechnen, in denen das Wasser knapp werden könne. Der Geologe gibt hier für Deutschland immerhin eine gewisse Entwarnung: "Darauf kann man sich einstellen."

 

Matthias Huss, Leiter des Schweizer Gletschermessnetzes Glamos, schlug vor, Gletscher zumindest stellenweise durch neue, künstliche Stauseen zu ersetzen. "Nach dem Rückzug der Gletscherzungen entstehen neue Flächen, oft leblose Geröllwüsten, wo solche Speicherseen angelegt werden könnten", sagte er.

Allerdings brauche es eine sorgfältige Abwägung von Natur- und Landschaftsschutz gegenüber solchen Projekten.

Die Unesco mit Sitz Paris, die den Report herausgibt, fördert seit ihrer Gründung 1945 die internationale Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation.

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