Wüste mit Grasland in Mauretanien
In der südlichen Sahara, wie hier in Mauretanien, könnte es künftig sehr viel mehr Vegetation geben – aber auch starke Schwankungen zwischen Dürren und Überflutungen. (Foto: Andromachos Dimitrokallis/​Pixabay)

Die Sahara ist die größte Wüste der Welt. Sie reicht von der afrikanischen Atlantikküste bis zum Roten Meer, umfasst neun Millionen Quadratkilometer und hat damit mehr als 25-mal so viel Fläche wie Deutschland.

Die Sandwüste, die jeder bei dem Stichwort vor Augen hat, macht zwar nur rund 20 Prozent der Fläche aus, ansonsten besteht die Sahara aus Fels- und Geröllwüste. Gemeinsam ist allen Ausprägungen aber eines: Für Menschen, Tiere und Pflanzen ist es eine extreme Umgebung, in der das Überleben hohe Anpassung erfordert.

Doch es gab in der Erdgeschichte auch schon Phasen mit einer grünen Sahara. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Wüste als Folge der menschengemachten Erderwärmung wieder zurückgedrängt wird – zumindest zeitweise.

Wissenschaftler beschäftigen sich seit den 1990er Jahren mit der Frage, welchen Einfluss der Klimawandel auf die heutige Wüste haben wird.

Die Folie, vor der das geschieht, ist eine Sahara, wie sie zuletzt im frühen und mittleren Holozän existierte – vor etwa 11.000 bis 5.000 Jahren. Es gab dort zwar keinen Regenwald wie in den Tropen, aber eine grüne Savanne mit vielen Flüssen und Seen, an deren Rand üppige Galeriewälder wuchsen.

Legendär die Felsmalerei "Schwimmer in der Wüste", die der ungarische Abenteurer und Wüstenforscher László Álmásy in den 1930er Jahren auf dem Gilf-Kebir-Plateau in Ägypten entdeckte.

Klimaveränderungen lassen die Wüste wachsen

Solche Perioden mit viel Vegetation in der Sahara hat es mindestens in den letzten 500.000 Jahren immer wieder gegeben, ausgelöst durch eine Änderung der Erdbahn um die Sonne – im Gegensatz zum heutigen Klimawandel freilich ein ganz allmählicher Prozess.

Vor rund 5.500 Jahren dehnte sich die Sahara in etwa auf ihre heutige Größe aus. Seit etwa 1920 ist sie laut einer US-Studie aus dem Jahr 2018 um rund zehn Prozent gewachsen.

Als Ursache dafür identifizierten die Wissenschaftler von der University of Maryland vor allem natürliche Klimaveränderungen, ein Drittel sei jedoch höchstwahrscheinlich durch den menschengemachten Klimawandel bedingt. Dieser lasse die Sahara vor allem an ihrem Nordrand wachsen.

Das entspräche auch der festgestellten Verschiebung der Klimazonen in Richtung der Pole, die einer der Gründe für die zunehmende Trockenheit im Mittelmeerraum ist, etwa in Spanien.

Doch es gibt auch einen anderen Trend – und der betrifft vor allem den Süden der Sahara und die sich daran anschließende Sahelzone.

Die Frage "Wird das Treibhaus die Sahara ergrünen lassen?", 1990 erstmals von der französischen Geologin Nicole Petit-Maire gestellt, wird heute mit einem – allerdings eingeschränkten – Ja beantwortet.

Aus den kargen Ausläufern der Sahara, wo Viehhirten und Bauern traditionell mit der Trockenheit kämpfen, könnten bereits in den nächsten Jahrzehnten grüne Regionen werden, wenn der menschengemachte Klimawandel weiter so voranschreitet wie bisher.

Zumindest sagt das eine Reihe der Klimamodelle voraus, in denen ein fortgesetzter CO2-Anstieg in der Atmosphäre ohne wirksame Klimaschutzmaßnahmen eingegeben wurde.

"Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird es nach den Berechnungen im zentralen und westlichen Sahel sowie am Südrand der Sahara tatsächlich deutlich grüner werden", sagt der Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) und Professor an der Universität Hamburg, Martin Claußen.

Serie: Kippelemente

Werden die Kippelemente im Klima- und Erdsystem ausgelöst, kann es zu Kettenreaktionen kommen, durch die sich die Erderwärmung unkontrollierbar verstärken würde. Wissenschaftler haben 16 Kippelemente identifiziert, die sogar für ein Ende der menschlichen Zivilisation, wie wir sie kennen, sorgen könnten. Wir stellen sie in einer Serie vor.

Das heißt: Nicht die ganze Wüste wird wieder zur Savanne, aber im Süden der Region entwickelt sich ein breiter "Grüngürtel".

Hauptgrund für das erwartete Ergrünen ist der Düngeeffekt, den die steigende CO2-Konzentration in der Luft auf die Vegetation hat.

Pflanzen benötigen für die Fotosynthese CO2, sie "atmen" das Gas ein und wandeln es mithilfe von Sonnenlicht in Baustoffe für ihre Zellen um. Ist mehr CO2 verfügbar, wachsen die Pflanzen besser – vorausgesetzt, es gibt genügend Niederschläge.

Wie letztere sich entwickeln, ist noch nicht ganz klar. Die Klimamodelle sagen für den Sahel im Schnitt nur einen leichten Trend zu mehr Niederschlägen in einem wärmeren Klima voraus, wie Forscher um Professor Anders Levermann von Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in einer Analyse 2017 herausfanden.

Doch es könnte in der Region auch deutlich feuchter werden – durch eine Verlagerung des westafrikanischen Sommermonsuns nach Norden. Immerhin sieben der betrachteten 30 Modelle prognostizieren für 2100 rund 40 bis 300 Prozent mehr Regen als heute.

Die Übergangszeit könnte Probleme mit sich bringen

Diese Modelle zeigen einen möglichen Kipppunkt im Klimasystem: Erreicht der Anstieg der Temperaturen der Meeresoberflächen im Mittelmeer und im tropischen Atlantik einen bestimmten Schwellenwert, verändert sich hier das Klima grundlegend.

Träte dies ein, wäre die südliche Sahara ein Kippelement. Die Vegetation nähme deutlich zu, und für die Landwirtschaft gäbe es bessere Bedingungen.

Allerdings könnten die Übergangszeiten vom einen in das andere Klima große Probleme mit sich bringen – zum Beispiel Schwankungen zwischen Dürren und Überflutungen. Zwischen Sudan und Mauretanien könnte das über 100 Millionen Menschen betreffen, in einer Region, die heute schon instabil ist – mit Terrorismus und Kriegen.

Ob Sahara und Sahel tatsächlich ein Kippelement sind, wird in der Wissenschaft allerdings noch diskutiert. Auch Martin Claußen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie schließt nicht aus, dass ein veränderter Sommermonsun zum Ergrünen des Sahel und der Süd-Sahara einen Teil beitragen könnte.

Auf Satellitenbildern sei eine stärkere Vegetation bereits heute erkennbar, berichtet er. Doch er leitet aus den Ergebnissen der am MPI-M benutzten Klimamodelle ab, dass der Grüngürtel bei weiterer globaler Erwärmung wahrscheinlich nur relativ kurz bestehen wird.

Er erläutert: "Wenn nach einem kräftigen Anstieg in diesem Jahrhundert die CO2-Emissionen im übernächsten Jahrhundert wieder deutlich sinken – und das würden sie unweigerlich tun, wenn die fossilen Kohlevorräte erschöpft oder nur noch sehr schwer zugänglich sind –, dann gewinnen Hitze und Wassermangel die Oberhand, und die Vegetation geht wieder zurück."

Zudem warnt der Meteorologe davor, die Aussicht auf bessere Lebensbedingungen für die Sahel-Bewohner als Argument gegen aktiven Klimaschutz zu nutzen.

"Nach bisherigen Untersuchungen dominieren die negativen Folgen des Klimawandels", sagt er. "Man kann nicht sagen, der Klimawandel sei positiv, nur weil es an einer Stelle netter wird."

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