Die Wald- und Buschbrände an der US-Westküste sind gigantisch, so verheerend wie bisher nie, eine Fläche größer als Rheinland-Pfalz ist inzwischen eingeäschert.
Millionen Menschen von Kanada bis Kalifornien atmen rauchgeschwängerte Luft. Sogar in der Atmosphäre über Deutschland stellen Forscher seit dem Wochenende Rauch fest, der aus den US-Bundesstaaten mit den größten Feuerherden stammt – Kalifornien, Oregon und Washington.
Messgeräte des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (Tropos) in Leipzig zeigten die Staub- und Rußschicht, zuerst in zehn bis zwölf Kilometern Höhe. "Wir messen immer noch viel Rauch in der Atmosphäre", berichtete Tropos-Forscher Moritz Haarig am Dienstag gegenüber Klimareporter°, "nun zwischen zwei bis sieben Kilometern."
Die Ruß- und Aschepartikel aus den Brandregionen steigen durch die extreme Hitze auf. In der oberen Troposphäre und der Stratosphäre können sie dann mit den Höhenwinden große Entfernungen überwinden, ähnlich wie die Asche von Vulkanausbrüchen.
Wald- und Buschbrände sind für die Regionen an der Westküste eigentlich nichts Ungewöhnliches. Sie gehören zur nordamerikanischen Landschaft. Für viele Ökosysteme, die sich erst mit den natürlichen Bränden entwickelt haben, sind sie sogar wichtig, um stabil zu bleiben.
Die riesigen Mammutbäume in den kalifornischen Wäldern zum Beispiel sind eine perfekt an die Feuer angepasste Art. Ihre Rinde ist so dick, dass sie die Bäume normalerweise vor den Flammen und der Hitze schützt. Nimmt der Stamm aber doch einmal Schaden, können sie später aus den Wurzeln wieder austreiben.
Unbestritten ist aber, dass sich die Häufigkeit und die Größe der Wald- und Buschbrände in den letzten Jahrzehnten erhöht hat. In den gesamten USA ist die Waldbrandsaison inzwischen drei Monate länger als noch vor einem halben Jahrhundert.
Speziell in Teilen von Kalifornien finden die Feuer in den Wald- und Buschregionen nun fast ganzjährig statt – außer für ein paar Wochen im tiefen Winter.
Bereits im vorigen Jahr zeigte die Statistik der kalifornischen Forst- und Brandschutzbehörde, dass sich 15 der 20 zerstörerischsten Brände dort seit dem Jahr 2000 ereigneten.
Mit diesem Jahr dürfte die Bilanz noch dramatischer ausfallen, denn die Feuersaison wird noch Wochen oder sogar Monate andauern.
In früheren Jahrzehnten verlöschten die meisten Waldbrände im Oktober von selbst, nämlich mit Beginn der Regenzeit. In den letzten Jahren aber loderten Feuer oft noch bis in den Dezember hinein, es fielen wenig Niederschläge.
Einfluss des Klimawandels wächst
Dass der Klimawandel einen starken Einfluss auf die Feuersituation hat, ist unter Experten unumstritten. Der Südwesten der USA hat sich überdurchschnittlich schnell erwärmt, so liegt die mittlere Temperatur in Südkalifornien heute bereits um rund 1,8 Grad über der in vorindustrieller Zeit, während die Landmassen der Erde sich im Durchschnitt um 1,5 Grad erwärmten.
Die Niederschläge haben hier um rund 30 Prozent abgenommen, was dazu führt, dass die Vegetation schneller austrocknet. Dazu passt, dass in diesem Jahr seit August extreme Hitzewellen in Südkalifornien für neue Temperaturspitzen sorgen.
Im für seine hohen Temperaturen berüchtigten kalifornischen Death Valley wurde ein neuer Hitzerekord von 54,4 Grad Celsius gemessen. Selbst im Raum Los Angeles sind Sommertemperaturen bis 50 Grad keine Seltenheit mehr.
Experten warnen schon seit Jahren davor, dass die globale Erwärmung wie ein Brandbeschleuniger wirkt.
Man könne dem Klimawandel zwar "nicht die Schuld für den Ausbruch von Landschaftsbrände geben", sagte der US-Brandexperte Lindon Pronto vor zwei Jahren gegenüber Klimareporter°, als die damalige Rekordfläche von 7.900 Quadratkilometern abbrannte, über 100 Menschen starben und die Kleinstadt Paradise fast komplett zerstört wurde.
Aber er sei verantwortlich "für das vermehrte Auftreten von Wetterextremen wie anhaltende Trockenzeiten, die wiederum die Schwere und das Verhalten eines Brandes beeinflussen". 2020 sind bisher bereits mehr Wälder als damals in Flammen aufgegangen.
Richtig ist, dass in Kalifornien die meisten Brände bisher durch menschliche Einwirkung verursacht werden – durch defekte Stromleitungen, wie im Fall Paradise, aber auch durch Brandstiftung und Unachtsamkeit.
In diesem Sommer allerdings sind die meisten Feuer durch trockene Gewitter entfacht worden, die auf eine ausgetrocknete Vegetation trafen; an manchen Tagen zählten die Meteorologen über tausend Blitze.
Im letzten Winter hatte es wenig Regen und Schnee gegeben, dann ab dem Frühjahr gleich mehrere Hitzewellen, wahrscheinlich eine Folge des Klimawandels. Zudem heizten starke Fallwinde aus der Sierra Nevada die Brände zusätzlich an.
Douglasien erhöhen das Risiko
Hinzu kommen weitere Eingriffe des Menschen. US-Präsident Donald Trump, der den Klimawandel als Ursache zurückweist und sich damit gegen die Wissenschaft stellt, trifft durchaus einen Punkt, wenn er die Forstwirtschaft mitverantwortlich für das Inferno macht.
So hat die "Zero Tolerance"-Strategie gegen Wildfeuer – sie werden, wenn erkannt, möglichst schnell erstickt – dazu geführt, dass sich in den Wäldern über die Jahre mehr Unterholz bildet, das wie Zunder brennt.
Insgesamt könne das Forstmanagement verbessert werden, räumte jetzt sogar Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom bei Trumps Besuch in der Brandregion ein – wobei er allerdings daran erinnerte, dass nur drei Prozent der Waldfläche Kaliforniens unter der Kontrolle seines Staates stünden, 57 Prozent hingegen von den Bundesbehörden bewirtschaftet würden.
Auch ein anderer Eingriff in die Wälder erhöht übrigens das Risiko: die Anpflanzung von Douglasien. Diese Baumart ersetzt auf immer mehr Flächen die ursprünglichen Wälder, da die Bauindustrie nach ihr verlangt.
Die Douglasie ist für den Holzbau besonders geeignet, sie wächst schnell, kann eng gepflanzt werden und ist gut zu verarbeiten. Der Schutz vor Waldbränden wird damit jedoch viel schwerer.
Douglasien sind weniger feuerresistent, und ihre noch glimmende Asche fliegt weiter als die anderer Baumarten. So entstehenden leichter neue Brände.