Wald- und Buschbrände sind im US-Bundesstaat Kalifornien eigentlich nichts Ungewöhnliches. Die aktuelle Katastrophe, die Teile der Küsten-Metropole Los Angeles verwüstet, übersteigt die bisherigen Erfahrungen allerdings. Die Los Angeles Times urteilte zu Wochenbeginn, die Brände zählten zu den schlimmsten Naturkatastrophen in der US-Geschichte und bedeuteten einen Einschnitt für die Region.
Das Blatt zitierte den Experten Craig Fugate, der in der Zeit der Obama-Regierungen die bundesweite Katastrophenschutzbehörde Fema leitete. "Das ist euer Hurrikan Katrina. Er wird die Stadtgesellschaft für immer verändern", sagte Fugate. "Und für Los Angeles wird dies einer der prägendsten Momente in der Geschichte der Gemeinschaft, der Stadt und des Bezirks sein."
Vegetationsbrände gehören zur Landschaft an der US-Westküste. Für viele Ökosysteme, die sich dort mit den natürlichen Bränden entwickelt haben, sind sie sogar wichtig, um stabil zu bleiben.
Beispiel: Die riesigen Mammutbäume in den kalifornischen Wäldern gelten als perfekt an die Feuer angepasste Art. Ihre Rinde ist so dick, dass sie normalerweise vor den Flammen und der Hitze geschützt sind. Nimmt der Stamm aber doch einmal Schaden, können sie später aus den Wurzeln wieder austreiben.
Unbestritten ist aber: Die Häufigkeit und Größe der Wald- und Buschbrände hat sich in den letzten Jahrzehnten erhöht. In den gesamten USA ist die Waldbrandsaison heute drei Monate länger als noch vor einem halben Jahrhundert. Gerade in Teilen Kaliforniens finden die Feuer in den Wald- und Buschregionen fast ganzjährig statt.
"Brände können jetzt das ganze Jahr auftreten"
In früheren Jahrzehnten verlöschten die meisten Waldbrände im Oktober mit Beginn der regenreicheren Jahreszeit von selbst. Inzwischen aber brennen Feuer oft noch bis in den Dezember oder Januar hinein, da die Niederschläge zurückgingen.
Scott Stephens, Forstexperte an der University of California in Berkeley, sagt: "Was wir früher als Brandsaison bezeichnet haben, existiert praktisch nicht mehr. Brände können jetzt das ganze Jahr über auftreten."

Der Klimaforscher Daniel Swain von der University of California in Los Angeles erläutert, dass steigende Temperaturen und längere Trockenperioden die Vegetation zunehmend austrocknen und sie anfälliger für Brände machen. "Der Klimawandel hat die Bedingungen für Waldbrände in Kalifornien deutlich verschärft", sagt er. "Wir sehen eine stärkere und längere Trockenheit, die die Entzündbarkeit der Landschaft erhöht."
Ein weiteres Phänomen in diesem Zusammenhang ist der "Klimapeitschen-Effekt", mit dem extreme Wetterwechsel beschrieben werden – etwa heftige Regenfälle gefolgt von Dürre. Dadurch verstärkt sich das Wachstum der Pflanzen, die dann austrocknen und viel "Brennstoff" bieten.
Swains Kollege Park Williams dazu: "Die Zunahme von schnellen Wechseln zwischen feuchten und trockenen Perioden, wie sie durch den Klimawandel begünstigt werden, schafft die ideale Grundlage für intensivere Waldbrände."
"Wiederaufbau wird Dutzende Milliarden kosten"
Kalifornien hat zuletzt einen ungewöhnlich nassen Winter erlebt, gefolgt von einem ungewöhnlich heißen Sommerhalbjahr. Hinzu kam nun einer der stärksten Santa-Ana-Winde der letzten zwei Jahrzehnte, der die Vegetation austrocknete. Dabei handelt es sich um Föhnwinde, die in der Region zwischen den Rocky Mountains und der Sierra Nevada entstehen und im Spätherbst und Winter das Wetter in Südkalifornien beeinflussen.
Die Klima-Fachleute betonen jedoch unisono, dass weitere Faktoren zur Schwere der aktuellen Katastrophe beigetragen haben – vor allem die ungezügelte Urbanisierung in einer Region, die dafür eigentlich nicht geeignet ist, sowie eine nicht ausreichend angepasste Forstwirtschaft, die den Bränden zu viel "Futter" lässt.
"Ohne eine Verbesserung des Landmanagements und der Stadtplanung wird es schwer, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Brände abzumildern", warnt Anthony LeRoy Westerling von der University of California in Merced.
Die Kosten des Wiederaufbaus werden in jedem Fall gigantisch sein. Noch-US-Präsident Joe Biden sagte am Montag (Ortszeit) bei einem Treffen mit Vertretern des Katastrophenschutzes: "Es wird Dutzende Milliarden Dollar kosten, Los Angeles wieder dorthin zu bringen, wo es einmal war."
Erste Schätzungen, über die der Wetterdienst Accuweather berichtete, beziffern die Schäden auf 135 bis 150 Milliarden Dollar. Das wäre tatsächlich die Größenordnung der Katrina-Katastrophe, deren Schäden rund 125 Milliarden betrugen. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom von den Demokraten erwartet, dass die Brände in Los Angeles die "schlimmste Naturkatastrophe" in der Geschichte der USA sein werden, "allein schon wegen der damit verbundenen Kosten".
Newsom stellte Zuwendungen des Bundesstaates von mindestens 2,5 Milliarden US-Dollar in Aussicht. "Kalifornien wird einen Marshallplan organisieren, um Los Angeles dabei zu helfen, schneller und besser wieder aufzubauen", teilte er mit. Der Marshallplan war von den USA nach dem Zweiten Weltkrieg zum Wiederaufbau Westeuropas ins Leben gerufen worden.