Die Energiewende nimmt global immer mehr Fahrt auf, vor allem in China, aber auch in der EU, und sogar in den Trump-USA ist sie bisher nicht wirklich gestoppt worden.
Doch damit wächst eine Herausforderung: Der Bau und Betrieb von Solaranlagen, Windkraftwerken und Energiespeichern erfordert große Mengen sogenannter Energiewende-Mineralien – und deren Abbau ist vielerorts mit sozialen, ökologischen und finanziellen Risiken verbunden.
Ein neuer Bericht des UN-Umweltprogramms Unep warnt nun vor den Schattenseiten des Grünstrom-Booms und fordert tiefgreifende Reformen bei der Finanzierung und Regulierung des Bergbausektors.
Der Bericht "Financing the Responsible Supply of Energy Transition Minerals for Sustainable Development" hebt hervor, dass die jährliche Rohstoff-Extraktion sich weltweit seit 1970 verfünffacht hat.
Besonders stark wächst die Nachfrage nach wichtigen Metallen wie Nickel, Kobalt, Graphit oder den Seltenen Erden – angeheizt nicht nur, aber auch durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, der seit etwa 2000 rasant ansteigt. Allein im Jahr 2023 habe die Nachfrage nach diesen Materialien um acht bis 15 Prozent zugenommen, heißt es in dem Report.
Im Falle von Lithium werde die Nachfrage bis 2050 das Neunfache der weltweiten Produktion von 2022 betragen, so die Prognose. Das Unep warnt davor, dass die Konzentration dieser Rohstoffvorkommen in wenigen Regionen – etwa Teilen Afrikas, Chinas oder Südamerikas – Abhängigkeitsrisiken berge.
Abbaufirmen sehen Umweltauflagen als Kostentreiber
Der Bericht betont, dass die Finanzbranche bei den Rahmenbedingungen eine Schlüsselrolle spielt. Da Bergbauprojekte äußerst kapitalintensiv und risikobehaftet sind, könne über die Finanzierungsverträge Druck ausgeübt werden, Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards ("ESG") nachweisbar einzuhalten.
Der Bericht empfiehlt, den sogenannten "verantwortlichen Bergbau" zur Norm zu machen, nicht zur Ausnahme.
Eine Umfrage unter großen Bergbauunternehmen ergab laut dem Report, dass Umweltauflagen zumeist als Kostentreiber eingeschätzt werden. Die Betriebskosten würden dadurch um bis zu 25 Prozent erhöht, erwartet eine Mehrheit der Firmen. Viele sähen allerdings in einem soliden ESG-Reporting einen Vorteil, um Investoren gewinnen zu können.
Um den Druck auf neue Rohstoff-Förderung zu mildern, setzen die Unep-Fachleute auf verstärkte Kreislaufwirtschaft: Metallrecycling, Ökodesign der Produkte, staatlich geförderte Recycling-Infrastruktur sowie Steueranreize und grüne Anleihen könnten helfen, den Bedarf an Primärrohstoffen zu drosseln.
Dennoch bleibt das Investitionsvolumen gewaltig. Die Internationale Energieagentur IEA erwartet, dass bis 2040 rund 800 Milliarden US-Dollar in Bergbauprojekte fließen müssen, um die globalen Klimaziele erreichen zu können.
Verantwortungsvoller Bergbau ist bisher die Ausnahme
Die UN-Fachleute schlagen vor, verantwortungsvolle Bergbaupraktiken zu honorieren, nämlich durch staatlich gestützte Zertifizierungs- und Anreizsysteme sowie verbesserten Marktzugang für zertifizierte Produkte.
Zudem empfiehlt der Unep-Ressourcenrat, Finanzinstitute zu befähigen, ESG-konforme Projekte zu erkennen, etwa durch Einführung eines digitalen Produktpasses mit entsprechenden Informationen entlang der Wertschöpfungskette.
Darüber hinaus müssten Finanzierungssysteme so reformiert werden, dass Bergbau in schützenswerten Gebieten ausgeschlossen wird. Außerdem wird ein globaler Fonds für die Entwicklung umweltschonender Technologien im Bergbausektor vorgeschlagen.
Der Bericht behandelt auch den informellen Kleinbergbau, der in vielen Ländern einen großen Teil der Rohstoffförderung darstellt. Transparenz, Lizenzierung, Kapazitätsaufbau, technische Unterstützung und gerechter Zugang zu Daten seien hier die Schlüssel, um soziale und ökologische Standards in diesen Sektoren zu sichern.
Außerdem schlagen die Fachleute vor, eine weltweit gültige Rahmenordnung zur Nachhaltigkeit für den Kleinbergbau zu verabschieden.
"Die Nachfrage nach Mineralien und Metallen, die für die Energiewende benötigt werden, erfordert eine Bergbauindustrie, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt und gleichzeitig die Menschenrechte und die Umwelt achtet", sagte Janez Potočnik, Co-Vorsitzender des Ressourcenrates.
Ein verantwortungsvoller Bergbau könne dadurch zur Regel werden, statt eine Ausnahme zu bleiben.
