Die Ölraffinerie El Segundo in Kalifornien.
Die Raffinerie El Segundo in Kalifornien wird vom Ölkonzern Chevron betrieben. (Foto: Pedro Szekely/​Flickr)

"100 Prozent erneuerbar ist erst der Anfang", heißt es auf einer Webseite von Google. So stellt sich der IT-Konzern gerne dar. 2017 habe man zum ersten Mal seinen kompletten Strombedarf aus erneuerbaren Energien gedeckt. Rechenzentren neben Windkraftanlagen gehören zum Selbstbild des Suchmaschinenkonzerns. Auch Amazon und Microsoft verweisen auf ihr entsprechendes Öko-Engagement.

Doch eine Recherche des US-Technologieportals Gizmodo kratzt heftig am Öko-Image der Silicon-Valley-Konzerne. Demnach haben die großen IT-Konzerne in den letzten Jahren unzählige Partnerschaften mit Ölkonzernen aufgebaut und ganze Abteilungen gegründet, die nur darauf abzielen, Dienstleistungen für die fossile Industrie bereitzustellen. Der Strombezug der Rechenzentren dürfte da im Vergleich kaum ins Gewicht fallen.

Windräder oder Ölfelder?

Unter der Überschrift Energielösungen informiert Google über einige seiner Kooperationen mit der fossilen Industrie. Dass es darum geht, sieht man auf den ersten Blick nicht, denn die Seite ist bebildert mit Solar- und Windkraftanlagen.

Doch einige Großkunden dieser Google-Abteilung haben wenig mit erneuerbaren Energien zu tun. Wer weiterliest, erfährt, dass Google kürzlich Kooperationen mit Schlumberger und Aker BP gestartet hat. Schlumberger ist der weltgrößte Servicedienstleister für Ölfelder, Aker BP ist eine norwegische Firma, die in der Nordsee Öl fördert.

Bei den Kooperationen geht es um den Umgang mit großen Datenmengen (Big Data), High-Performance-Computing und den Einsatz von künstlicher Intelligenz, um seismische Daten besser auszuwerten. Kurzum: Google hilft mit moderner Technik dabei, mehr Öl zu fördern und der von einer neuen Krise bedrohten Branche ein paar weitere Spitzenjahre zu geben.

Für seine Kooperationen mit der Ölindustrie hat Google sich Kompetenz ins Haus geholt: Im vergangenen Jahr engagierte man dort Darryl Willis, der vorher 25 Jahre für BP gearbeitet hat und nun eine eigene Abteilung des Google-Cloud-Services für die fossile Industrie leitet.

Alle großen Cloudprovider umwerben die fossile Industrie

Amazon wurde schon mehrfach dafür kritisiert, den Klimaschutz im eigenen Haus zu vernachlässigen. Doch bislang zielte die Kritik vor allem darauf ab, dass Amazon zu wenig tue, um den eigenen Konzern emissionsärmer zu betreiben, und dass es wenig Transparenz über die Kohlendioxid-Emissionen von Amazon gebe, was etwa ein Bericht von Greenpeace beklagt.

Doch auch Amazon Web Services betreibt eine eigene Abteilung für die fossile Industrie. Mit Werbesprüchen wie "Verkürzung der Zeit bis zum ersten Öl" macht Amazon kaum einen Hehl daraus, dass man der fossilen Industrie helfen will, die Klimakatastrophe weiter zu befeuern. "Führende Öl- und Gasunternehmen nutzen Innovation mit Amazon Web Services", heißt es und man freut sich, einige der ganz Großen der Branche wie Shell und BP als Kunden zu haben.

Bei Microsoft findet man ein ähnliches Bild. Der Redmonder Konzern will schon bald 60 Prozent seiner Rechenzentren mit erneuerbaren Energien betreiben, gleichzeitig wirbt er um Kunden aus der Ölindustrie. Stolz ist Microsoft auf Kunden wie die Ölkonzerne Shell und Chevron. Mit Chevron hat Microsoft vor zwei Jahren eine langjährige Zusammenarbeit vereinbart, laut Wirtschaftsmagazin Forbes einer der größten Deals im gesamten Cloudgeschäft.

Nicht nur Microsofts eigene Ziele werden dadurch konterkariert, auch Microsoft-Gründer Bill Gates hat immer wieder auf die Risiken der Klimakatastrophe hingewiesen und finanziert Forschungsprojekte für erneuerbare Energien.

Die Weltpolitik nimmt Kurs auf drei Grad Erwärmung

Eine ungebremste Weiternutzung fossiler Energien hätte extreme Auswirkungen. Selbst wenn die für das Klimaschutzabkommen von Paris zugesagten Emissionsminderungen von allen Staaten erreicht werden, würde das nach Einschätzung von Klimawissenschaftlern eine Erwärmung um fast drei Grad bedeuten. Aber nur eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad könnte die schlimmsten Auswirkungen – Dürren, Hungersnöte, überschwemmte Millionenstädte – verhindern.

Eine Begrenzung auf 1,5 Grad ist laut dem Weltklimarat IPCC nur machbar, wenn innerhalb der nächsten zehn Jahre die Kohlendioxid-Emissionen um mindestens 45 Prozent gesenkt werden. Die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas muss dafür in allen Bereichen drastisch und schnell reduziert werden. Der Ölindustrie zu helfen, noch mehr Öl zu fördern, ist damit kaum vereinbar.

Anzeige