Wald: Mehr als ein Holzlieferant. (Foto: Mario Hagen/​Pixabay)

Einen Brandbrief im wahrsten Sinne des Wortes haben 500 Wissenschaftler aus zahlreichen Ländern an die Spitzen der USA, der EU, Japans und Südkoreas geschickt. In ihrem offenen Brief weisen sie darauf hin, dass beim Verfeuern von Holz zur Energiegewinnung "für jede erzeugte Kilowattstunde Wärme oder Strom wahrscheinlich zwei- bis dreimal so viel CO2 ausgestoßen wird wie bei der Verwendung fossiler Brennstoffe".

In den letzten Jahren habe sich zudem die sehr problematische Tendenz entwickelt, große Teile des Stammholzes für Bioenergie abzuzweigen oder Bäume allein dafür zu fällen. Das setze Kohlendioxid frei, das sonst in den Wäldern gebunden bliebe.

Damit würden "CO2-Schulden" angehäuft, heißt es in dem Schreiben. Diese könnten zwar durch das Nachwachsen von Bäumen und die Verdrängung fossiler Brennstoffe getilgt werden. "Das Nachwachsen braucht aber Zeit, die die Welt nicht hat, um den Klimawandel zu bekämpfen", stellen die Forscher klar.

Sie fordern die Europäische Union und die drei anderen Länder auf, die Holzverbrennung zur Energiegewinnung zu stoppen, Subventionen und andere Anreize dafür zu streichen und die Verbrennung von Biomasse nicht länger als klimafreundlich einzustufen.

Vorrang für Schutz vorhandener Wälder

In dem Brief heben die Forscher gleichzeitig das Ziel der angesprochenen Länder hervor, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Dafür sei aber die Erhaltung und Renaturierung von Wäldern ein "Schlüsselinstrument", das zugleich dazu beitrage, die globale Biodiversitätskrise zu bewältigen. Die Klima- und Biodiversitätsziele dürften jedoch nicht untergraben werden, indem die Staaten anstelle von Kohle, Öl und Gas nun Bäume verbrennen.

Staatliche Subventionen zur Holznutzung stellten dabei ein doppeltes Problem für das Klima dar, betonen die Wissenschaftler, weil sie tatsächliche Klimalösungen verhinderten. So würden Unternehmen von der Nutzung fossiler Energien nun auf Holz umstellen statt auf Solar- und Windenergie.

Im Einzelnen verlangen die Forscher von der EU, in ihren Standards für erneuerbare Energien und ihrem Emissionshandelssystem die Verbrennung von Biomasse nicht mehr als "CO2-neutral" zu behandeln. Japan müsse aufhören, Kraftwerke zu subventionieren, die Holz verbrennen. Auch die USA sollten Biomasse nicht länger als klimaneutral oder CO2-arm klassifizieren.

Ebenso wenden sich die Forscher dagegen, Palm- oder Sojaöl zur Stromerzeugung zu verbrennen. Die Herstellung dieser Brennstoffe erfordere eine Ausweitung der Palmöl- oder Sojaproduktion, die zur Vernichtung kohlenstoffreicher Tropenwälder und damit zur Verringerung einer wichtigen CO2-Senke führe. Daran könnten auch sogenannte Nachhaltigkeitsstandards für die Waldbewirtschaftung oder den Ölpflanzenanbau nichts ändern.

"Tiefpunkt der Umweltpolitik"

Angesichts des Schreibens hat die Umweltorganisation Robin Wood die Absicht der deutschen Bundesregierung, mit mehr als einer Milliarde Euro die Umrüstung von Kohlekraftwerken auf Gas- oder Biomasseverbrennung zu fördern, scharf kritisiert. Auch die hiesige Pellet-Industrie steht nach Ansicht der Umweltschützer bereits "in den Startlöchern".

In Deutschland könnte das Kraftwerk Onyx in Wilhelmshaven als eines der ersten entsprechend umgerüstet werden. Der Betreiber Riverstone Holdings ist laut Robin Wood ein Hauptaktionär des weltweit größten Pelletunternehmens Enviva. Allein in Wilhelmshaven könnten jährlich bis zu 2,9 Millionen Tonnen Holzpellets verbrannt werden. Das entspreche fast der ganzen derzeit in Deutschland eingesetzten Menge an Holzpellets.

"Wirtschaftsmagnaten mit Subventionen zu füttern und überkommene Technologien der fossilen Verbrennung aufrechtzuerhalten, um die eigene Klimabilanz zu schönen, stellt einen besonderen Tiefpunkt der deutschen Umweltpolitik dar", erklärte dazu Jana Ballenthien von Robin Wood.

Dass deutsche Kohlekraftwerke derzeit prüfen, die Energieproduktion auf Holzpellets umzustellen, hatte kürzlich auch Almuth Ernsting von der britischen Umwelt­organisation Biofuelwatch in einem Klimareporter°-Gastbeitrag kritisiert. Durch die rechtliche Einstufung der Holzverbrennung als "erneuerbare Energie" werde Solar- und Windkraft verdrängt.

Ernsting verwies bereits im Dezember auf eine Warnung von rund 800 Wissenschaftlern in einem offenen Brief an das Europäische Parlament, wonach Holzpellets selbst dann nicht klimaneutral sind, wenn das Holz aus "nachhaltig bewirtschafteten Wäldern" stammt.

Mit Rundholz beladener Truck fährt an einem Enviva-Firmenschild vorbei.
Umweltschützer kritisieren die Waldzerstörung in den USA für den Holzpellet-Export nach Europa. (Foto: László Maráz/​Forum Umwelt und Entwicklung)

Lesen Sie dazu auch den Gastbeitrag von Ludwig Pertl: Energie aus Holz nicht einfach verbieten

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