Braunkohlekraftwerk Jänschwalde mit weiß dampfenden Kühltürmen hinter einem See, Wasser und Himmel sind tiefblau.
Kraftwerk Jänschwalde, April 2020: Die Leag sieht für die Zukunft keine Wasserprobleme, weil sie mit veralteten Zahlen rechnet – das Land Brandenburg schaut weg. (Foto: Jörg Peter Rademacher/​Pixabay)

Ingolf Arnold, bis 2020 Leiter der Abteilung Geotechnik des Lausitzer Tagebaukonzerns Leag, wird gern wahlweise als "Lausitzer Wasser-Papst" oder "Vater des Cottbuser Ostsees" bezeichnet. In der RBB-Dokumentation "Warten auf den Ostsee" gab er sich wenige Monate nach seiner Pensionierung optimistisch, dass die Flutung des Braunkohletagebaus Cottbus-Nord 2025 abgeschlossen sein wird.

Denn, so Arnold im O-Ton: "Wir haben jetzt eine Phase von drei Trockenjahren hinter uns, und die Wahrscheinlichkeit, dass wir ab dem Jahr 2021, spätestens 2022 mal wieder richtige fette Jahre kriegen, steigt von Tag zu Tag. Der liebe Gott wird ein Einsehen haben, natürlich."

Inzwischen ist dazu der Faktencheck möglich. Richtig fett war 2021 in der Lausitz nicht und der Sommer 2022 scheint um neue Hitze- und Trockenheitsrekorde wetteifern zu wollen. Die Wetterstation Cottbus verzeichnete im Juli nur elf Millimeter Regen – 42,5 Millimeter zu wenig im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990. Seit Januar 2018 summiert sich das Niederschlagsdefizit auf 465,5 Millimeter, davon 251,5 Millimeter seit Beginn der Ostsee-Füllung.

 

Im August regnete es zwar endlich wieder – bis zum 21. August waren es 55 Prozent des langjährigen Monatswerts –, an ein Ausgleichen der angesammelten Defizite ist aber noch lange nicht zu denken. Die Region wartet also weiter auf die Arnoldsche Sintflut.

Die Annahme, dass der Durchschnitt der trockenen und "fetten" Jahre schon irgendwie gleich bleiben wird, würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass es keinen Klimawandel gibt. Genau dieser Gedanke scheint dem unter Arnolds Verantwortung entwickelten Grundwassermodell für die vier noch aktiven Tagebaue der Leag zugrunde zu liegen.

Klimawandel abbestellt

Das Modell rechnet beim Tagebau Jänschwalde bis zum Jahr 2100, beim Tagebau Welzow-Süd sogar bis zum Jahr 2150 einfach weiter mit den Grundwasserneubildungsraten der Jahre 1980 bis 2010. Die Leag hat den kommenden Klimawandel also mal eben abbestellt. Die Landesbehörden in Brandenburg haben die Betrachtung entsprechender Szenarien offenbar nicht eingefordert.

Dabei ist das genannte Modell die Grundlage der langfristig erwarteten Grundwasserstände und Seewasserspiegel. An diesen wiederum werden die Maßnahmen ausgerichtet, die für standsichere Ufer der künftigen Tagebauseen nötig sind. Sollte Gott kein Einsehen mit dem Wasserpapst haben und das Wasser in einigen Jahrzehnten niedriger stehen als jetzt prophezeit, müssen die jeweiligen Seen schlichtweg für jede Nutzung gesperrt werden.

Foto: privat

René Schuster

vertritt seit 1999 die Umwelt­verbände im Braunkohlen­ausschuss des Landes Brandenburg. Er studierte Landschafts­nutzung und Natur­schutz und lebte danach in Lacoma, das inzwischen für den Tagebau Cottbus-Nord abgerissen wurde. Schuster ist Vorsitzender des Umwelt­netzwerkes Grüne Liga.

Die Kosten solcher Zustände würde die Leag sicher gern uns allen überlassen.

Seit die Strompreise drastisch gestiegen sind, sind beim Verstromen von Braunkohle bis auf Weiteres wieder Gewinne möglich. Die müssen jetzt insolvenzfest zurückgelegt werden, um auf Kosten des Verursachers eine auch im Klimawandel funktionierende Folgelandschaft herzustellen.

Doch dafür müssen zunächst einmal die Landesbehörden in Potsdam einsehen, dass sie dem Tagebauunternehmen und seinen Propheten zu lange blind vertraut haben.

 

Anzeige