An Konferenzen zum Lausitzer Wasser herrscht kein Mangel. Nach 2021 und 2023 fand im März in Cottbus die dritte "Wasserkonferenz Lausitz" statt. Mitte Mai gab es in Berlin sogar einen zweitägigen länderübergreifenden Wasserkongress, zu dem dortige Wirtschafts- und Kommunalverbände die Bundesländer Brandenburg und Sachsen eingeladen hatten.
Große Projekte oder Vorhaben sind bei beiden Treffen nicht aufgelegt worden. Spätestens 2030 soll, so die politische Zielvorstellung, klar sein, wie mit den knapper werdenden Wasserressourcen in der Region zwischen Berlin und Dresden umgegangen wird.
Vor allem Berlin muss sich weiter einige Sorgen um die künftige Wasserversorgung machen. Die Stadt an der Spree mit ihren 3,9 Millionen Einwohnern und ihre Umgebung zählen zu den niederschlagsärmsten Gegenden Deutschlands. In diesem Jahr hatte die Frühjahrstrockenheit in der Hauptstadtregion wieder besonders zugeschlagen.
Mittelfristig dürfte die Wasserversorgung auch aus einem anderen Grund ein Hauptthema sein: Die Spree als eine Hauptlieferantin wird wegen des Braunkohleausstiegs in der von ihr durchflossenen Lausitz und auch wegen des Klimawandels bald deutlich weniger Wasser führen.
Vor diesem Hintergrund und angesichts des Bevölkerungswachstums in Berlin sowie seinem "Speckgürtel" sind Probleme programmiert. Eine Untersuchung des Umweltbundesamtes warnte 2023 davor, dass bei der Trinkwasserversorgung in der Region und entlang der Spree große Engpässe drohen.
Berlin gewinnt viel Trinkwasser aus der Spree
In trockenen Sommermonaten könne der Fluss örtlich bis zu 75 Prozent weniger Wasser führen, so die UBA-Studie – vor allem, weil wegen des Auslaufens der Braunkohleförderung in den Lausitzer Tagebauen weniger Wasser in den Fluss gepumpt wird, die Wasserentnahme aber weiter hoch bleibt.
In Berlin stammen laut den Wasserbetrieben etwa 60 Prozent der jährlich geförderten rund 215 Millionen Kubikmeter Trinkwasser aus der Spree und der Havel, in welche die Spree im Bezirk Spandau mündet.

Um die Wasserversorgung sowohl der Hauptstadtregion als auch der Lausitz zu stabilisieren, sind weiter die ganz großen Projekte im Rennen, darunter ein Anzapfen der Elbe über ein Rohrsystem quer durch das Elbsandsteingebirge bei Dresden in die Spree.
Eine entsprechende Studie zu möglichen Trassen der Elbwasser-Überleitung ins Lausitzer Revier soll Ende kommenden Jahres vorliegen. Das bedeute aber noch keine Aussage darüber, ob die Überleitung gebaut wird, stellte die sächsische Landesregierung bei der Wasserkonferenz in Cottbus klar. Untersuchungen soll es auch zu möglichen Wasser-Überleitungen von der Oder und der Neiße geben.
Brandenburg will, ebenfalls bis Ende 2026, die Ergebnisse des "Grundwassermodells Lausitz" vorlegen. Das soll als Grundlage fürs künftige Wassermanagement dienen. Der Kohlebergbau hat über Hunderte Quadratkilometer die Grundwasserleiter zerstört, sodass keiner mehr genau sagen kann, wo heute wie viel Wasser vorhanden ist und wohin es fließen wird, wenn die Braunkohle kein Wasser mehr abpumpt.
Für Berlin ist auch immer noch die ziemlich abenteuerlich anmutende Nutzung von Ostseewasser im Gespräch. Das aufwendig entsalzte Wasser müsste über eine 150 bis 250 Kilometer lange Leitung herantransportiert werden. Eine Machbarkeitsstudie soll dazu laut Medienberichten noch in diesem Jahr in Auftrag gegeben werden.
"Fehlanreize durch zu niedrige Wasserkosten korrigieren"
Einen anderen Weg schlagen das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und die TU Berlin in einer Mitte Mai vorgelegten Untersuchung vor. Sie empfehlen, das Problem durch eine sparsamere Wassernutzung zu entschärfen.
Um die Spree und das Grundwasser zu entlasten, schlagen sie den Anrainerländern Berlin, Brandenburg und Sachsen eine einheitliche Erhöhung der Wasserentnahme-Entgelte auf das Niveau des in Berlin veranschlagten Grundwasser-Preises vor.
Industrie und Gewerbe, die nach dem Kohleausstieg künftig zu den Hauptverbrauchern des Spreewassers zählen, würden dann laut DIW und TU durch im Schnitt höhere Wasserpreise zu einer sparsameren Verwendung animiert. Die an der Studie beteiligten Fachleute erwarten, dass die Entnahme dadurch um bis zu 16 Prozent sinken würde.
Mit der Harmonisierung der Wasserentgelte auf Berliner Niveau könnten mehr als 60 Millionen Kubikmeter jährlich eingespart werden, sagt Mitautor Gero Scheck von der TU Berlin auf Nachfrage. "Das entspricht der Fehlmenge, die der Spree laut dem UBA-Gutachten zum Beispiel durch eine Elbe-Überleitung zugeführt werden müsste", erklärt Scheck.
Mit dem erhöhten Wasserentgelt ließe sich, kombiniert mit natürlichen Rückhaltemaßnahmen wie einer Auenrenaturierung, auch das Biosphärenreservat Spreewald erhalten, betont der TU-Experte.
"Rein technische Ansätze wie die Umleitung der Elbe sind keine nachhaltige Lösung", bekräftigt Mitautorin Claudia Kemfert vom DIW. Die Politik müsse bisherige Fehlanreize durch zu niedrige Wasserkosten korrigieren, die Investitionen in Effizienz bremsten. Kemfert warnte davor, durch den Überleiter in der Elbe eine künstliche Wasserknappheit zu erzeugen, die dann flussabwärts andere Städte wie Hamburg treffen könne.
Kleinere Tagebauseen sollen die Lage entspannen
Neben einem "vernünftigen umweltökonomischen Wassermanagement" raten die Fachleute von DIW und TU dazu, das Wasserangebot unter anderem durch Renaturierung von Flussauen zu stabilisieren, wodurch auch Trockenperioden besser bewältigt werden könnten. "Bis zu 0,66 Kubikmeter zusätzliches Wasser kann dadurch pro Sekunde in die Spree gespeist werden", heißt es in der Studie.
Entlastung ist laut Studie auch möglich, indem man die neuen Tagebauseen, die in den stillgelegten Kohlegruben angelegt werden, mit geringerer Wasserfläche plant. Dies verringere die Verdunstung und den Grundwasserablauf, erläutert Gero Scheck. "Aktuell wird die Größe der Seen als gesetzt angenommen und zu wenig über Alternativen diskutiert", kritisiert er.
Die DIW-TU-Studie stützt auch die schon einige Zeit diskutierte Idee, für eine Übergangszeit die Tagebaupumpen weiterlaufen zu lassen, um nach dem Kohleausstieg noch zusätzliches Grundwasser in die Spree zu pumpen, damit der Fluss nicht versiegt.
Mitautor Christian von Hirschhausen von der TU Berlin rät übrigens dazu, die Wasserprobleme in der Lausitz getrennt vom Braunkohleausstieg zu behandeln, der von der neuen Bundesregierung für 2038 angepeilt wird, also später als von der Ampel-Regierung, die ihn möglichst auf 2030 vorziehen wollte.
"Ein vorzeitiger Braunkohleausstieg verschlechtert die Wassersituation nicht", sagte der Infrastrukturökonom. "Im Gegenteil: Ein früherer Kohleausstieg entlastet die Grundwasserwirtschaft und fördert den Weg zu einer nachhaltigen Wasserwirtschaft."
Angemessene Wasserentgelte fordern auch Organisationen wie das Klimabündnis Brandenburg und die Umweltgruppe Cottbus, die dafür am Ort des länderübergreifenden Wasserkongresses demonstrierten.
"Es ist an der Zeit, statt kostenintensiver Wasserpipelines echte Chancen zu nutzen und die Unternehmen für ihren Wasserverbrauch angemessen bezahlen zu lassen", sagte Amelie Werstat vom Jugendforum Nachhaltigkeit Brandenburg. "Die Politik muss Unternehmen endlich zur Verantwortung ziehen, denn Wasser ist und bleibt ein Menschenrecht."
Redaktioneller Hinweis: Claudia Kemfert gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.