Berliner Energietage
Drei Tage lang diskutieren die Teilnehmer der Berliner Energietage über Fortschritte bei der Energiewende – vielen geht es nicht schnell genug. (Foto: Rolf Schulten/​Berliner Energietage)

Nach Monaten der klima- und energiepolitischen Stagnation wird Deutschland nun den Turbo einlegen. Davon ist Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) überzeugt. "2019 wird das Jahr des Handelns werden", versprach Schulze am Montag zum Auftakt der Berliner Energietage, bei denen sich mehr als 9.000 Teilnehmer drei Tage lang zu Fragen der Energiewende austauschen. Es sei Zeit zu sagen, mit welchen Maßnahmen die CO2-Emissionen gesenkt werden sollen, gab sich die Ministerin kämpferisch.

So müsse der Ausbaudeckel für die Photovoltaik auf Dächern fallen. "Der Deckel ist ein Relikt aus Zeiten, als es noch Gerüchte um Billionen-Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren gab", sagte Schulze. Überall wo es möglich sei, müsse zugebaut werden. Bereits für die nächste Kabinettssitzung am morgigen Mittwoch kündigte die Ministerin erste Eckpunkte der Ressorts an.

Die Minister sollen Vorschläge vorlegen, wie die klimaschädlichen CO2-Emissionen in ihrem Zuständigkeitsbereich gesenkt werden sollen. Im März dieses Jahres hatte die Bundesregierung eigens einen Kabinettsausschuss, das sogenannte Klimakabinett, eingesetzt.

Thorsten Herdan, Abteilungsleiter für Wärme und Effizienz im Bundeswirtschaftsministerium, kündigte einen Referentenentwurf zum Gebäudeenergiegesetz "innerhalb der nächsten zehn Tage" an. Das Gesetz werde allerdings in puncto Energieeffizienz kein großer Wurf, weil der Koalitionsvertrag keine Verschärfungen der bestehenden Vorgaben vorsehe.

Ende vergangenen Jahres hatten das Wirtschafts- und das Bauministerium zum wiederholten Mal einen Entwurf vorgelegt. Weil aber keine höheren Effizienzstandards für Neubauten vorgesehen waren, lehnte das Umweltministerium das geplante Gesetz als zu schwach ab. Höhere Ambitionen sind nach Aussage von Herdan nun aber nicht zu erwarten.

"Effizienzstrategie ohne CO2-Preis bringt wenig"

Außerdem gebe es Überlegungen zu einer Effizienzstrategie, um den Gesamtenergieverbrauch Deutschlands von bisher rund 2.500 Milliarden Kilowattstunden zu senken. Für eine solche Strategie brauche es aber eine Entscheidung über einen CO2-Preis, sagte Herdan. "Die Wirksamkeit einer Effizienzstrategie ist deutlich größer, wenn der Markt mitmachen darf, also wenn es einen Preis auf CO2 gibt." Sonst müsse man gegen den Markt anfördern.

Umweltministerin Schulze trommelt seit einigen Monaten für eine umfassendere CO2-Bepreisung. Bislang gibt es ein Preissystem für den CO2-Ausstoß in der EU nur in Form des Emissionshandels für die Energiewirtschaft und die emissionsintensive Industrie. 

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer lehnt einen Preis auf CO2 in Form einer Steuer ab. Eine Steuer sei unsozial, argumentiert Kramp-Karrenbauer. Es gebe "intelligentere Methoden" für mehr Klimaschutz, als neue Steuern zu erheben. So könnte der Emissionshandel ausgeweitet werden.

Immer mehr Klimaschutz-Experten und Ökonomen plädieren für eine Verteuerung des Kohlendioxidausstoßes. Auf der Energiewende-Konferenz in Berlin war der CO2-Preis ebenfalls ein Thema. Carsten Rolle, Abteilungsleiter für Energie- und Klimapolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), sprach sich für unterschiedlich hohe CO2-Preise aus – abhängig vom jeweiligen Sektor.

"Im Verkehrsbereich würde erst ein Preis von 250 Euro je Tonne eine Wirkung entfalten", sagte Rolle. Das wären an der Tankstelle 35 zusätzliche Cent pro Liter Benzin. Der hohe Preis resultiere daraus, dass die Einführung einer neuen Technologie – des elektrischen Antriebs – so teuer sei. Der CO2-Preis könne also nicht die alleinige Lösung sein.

Pessimistisch äußerte sich Industrievertreter Rolle zu den Klimazielen für 2030 im Verkehr. Diese seien praktisch nicht mehr erreichbar. Selbst mit enormen Anstrengungen würde man das Ziel nur mit vier- oder fünfjähriger Verzögerung erreichen.

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