Die Flachdächer der Plattenbauten in Lauchhammer (Brandenburg) sind vollständig mit Solarpaneelen bestückt.
Wie kommen die Solarpaneele endlich massenhaft auf die Dächer? Bundesumweltministerium und Erneuerbaren-Branche schlagen unterschiedliche Wege vor. (Foto: Solarimo/​Pixabay)

Eitel Sonnenschein ist schon lange nicht mehr: Nahezu im Monatstakt sinkt der Zuschuss für Photovoltaik. Der bis vor wenigen Tagen drohende Solardeckel schnürte dem Zubau die Luft ab. Solarer Mieterstrom ist so gut wie unrentabel. Von den ab 2021 aus der EEG-Förderung fallenden Solaranlagen, die im Moment buchstäblich keine Sonne sehen, ganz zu schweigen.

Einen ordentlichen Push kann die Branche gut gebrauchen. Bisher verkämpfte sie sich aber an ungerechten Netzentgelten oder knebelnder Bürokratie.

Auf Seite 21 einer fast 40 Seiten starken und am Montag vom Bundesumweltministerium präsentierten Studie mehrerer Wirtschaftsforschungsinstitute zu einer sozial und ökologisch ausgerichteten Konjunkturpolitik findet sich nun endlich so etwas wie ein Push.

Die Studie spricht sich dafür aus, bei den erneuerbaren Energien temporäre ökonomische Anreize zu setzen – und eine "Solarprämie" für den Kauf und die Installation von Photovoltaik-Anlagen zu schaffen.

Zusätzlich zu bestehenden Förderprogrammen wäre denkbar, bis Mitte 2022 Tilgungszuschüsse oder wahlweise eine Zulage von jeweils 20 Prozent der Investitionskosten für die Anschaffung von Photovoltaik-Anlagen einzuführen, schreiben die Forscherinnen und Forscher.

Mit einem Fördervolumen von 500 Millionen Euro könnten so 100.000 Anlagen von je 40 Quadratmetern Größe bezuschusst werden.

Erneuerbaren-Branche: Politik soll von der Bremse gehen

Etwas anders setzt der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) die Schwerpunkte in einem gestern zeitgleich vorgestellten Positionspapier.

Der für den Ökoenergie-Lobbyismus eigentlich gegründete Branchenverband gibt sich bei der Photovoltaik in seinem gut 20-seitigen Papier eher konventionell. "Die wesentliche Ursache für die unzureichende Ausbaudynamik der erneuerbaren Energien liegt vornehmlich in den bestehenden administrativen Hürden und nicht in fehlender Wirtschaftlichkeit der Projekte", heißt es da.

Klar, dann braucht es eher keinen Push, sondern nur die Aufhebung der vielen Knebel und bürokratischen Hindernisse, ob nun bei Sonne, Wind oder Biomasse. Beim Solarstrom plädierte BEE-Präsidentin Simone Peter gestern gegenüber den Medien dafür, die in Baden-Württemberg beschlossene Solarpflicht für Neubauten, die ab 2022 zunächst für Nichtwohn-Gebäude gilt, auf das ganze Bundesgebiet auszuweiten.

Insgesamt schlägt der Verband in einem Acht-Punkte-Plan einen Mix aus öffentlichen Investitionen und steuerlichen Anreizen vor. Wenn Deutschland für die Volkswirtschaft einen Neustart organisiere und auf Klimaschutz ausrichte, könne das Land gestärkt aus der Krise hervorgehen, erklärte BEE-Chefin Peter.

Um die Sektorenkopplung anzureizen, verlangt der Erneuerbaren-Verband, die staatlichen Bestandteile beim Strompreis zu mindern. Dabei sprach sich die BEE-Präsidentin gegen die verschiedentlich geforderte Senkung der EEG-Umlage um fünf Cent aus.

Peter setzte sich dafür ein, die Stromsteuer auf die europarechtliche Mindesthöhe abzusenken und Industrieprivilegien bei der EEG-Umlage aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Die so erreichbare Absenkung der EEG-Umlage bezifferte sie auf 3,5 Cent je Kilowattstunde.

Kaufprämien für Diesel- oder Benzinfahrzeuge lehnt der Erneuerbaren-Verband klar ab. "Das ist ein Auslaufmodell und steht allen Klimabemühungen entgegen", so Peter. Kaufanreize müssten stattdessen an den Erwerb von Autos mit elektrischem oder biogenem Antrieb geknüpft werden, heißt es im Forderungskatalog.

Um soziale Ungerechtigkeiten und Mitnahmeeffekte zu vermeiden, will der BEE die Prämie gezielt auf die Flottenumrüstung anwenden. Alternativ sei als Anreiz die Absenkung der Mehrwertsteuer bei Erwerb eines E-Autos oder bei Nutzung biogener Kraftstoffe zu erwägen.

Schulze: In kommunalen Klimaschutz investieren

Damit befindet sich der BEE in guter automobiler Gesellschaft mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Das kommende Konjunkturprogramm müsse mit einer "Mobilitätswende" verbunden werden, sagte die SPD-Ministerin. Zu den von der Autobranche geforderten Kaufprämien auch für Benziner und Diesel äußerte sie sich skeptisch: "Ich halte eine simple Abwrackprämie nicht für zielführend."

Die Studienautoren des Ministeriums schlagen entsprechend vor, bis Mitte kommenden Jahres die "Umweltprämie" um 3.000 Euro zu erhöhen, jedoch "begrenzt" auf rein elektrische Pkw mit niedrigem bis mittlerem Verbrauch, die an der Prämie Interessierte verbindlich zu bestellen haben.

Weiter gefordert wird eine Aufstockung des Kindergelds um 500 Euro pro Kind in den Jahren 2020 und 2021, um die Kaufkraft zu stärken. Die Studie spricht sich auch für eine Erhöhung des CO2-Preises aus. Hierzu sei bis 2030 ein schrittweiser Anstieg auf mindestens 100 Euro je Tonne CO2 sinnvoll – das derzeitige Klimapaket deckelt den Preis bei 65 Euro.

Auf jeden Fall wirbt die Umweltministerin in der Regierung dafür, dass das Konjunkturpaket mit Klimaschutz-Auflagen verbunden wird. "Wir haben jetzt die Chance, den Weg aus der Krise zu verbinden mit einem großen Fortschritt beim Klimaschutz", sagte Schulze am Montag. "Entscheidende Investitionen in den Klimaschutz finden in den Kommunen statt, vom ÖPNV über neue Radwege bis hin zur Sanierung von kommunalen Gebäuden."

Gleichzeitig bräuchten die krisengebeutelten Kommunen Geld für die nötigen Investitionen, so Schulze. Deshalb sei neben einem Schutzschirm für die Kommunen auch ein Investitionsprogramm für den kommunalen Klimaschutz nötig, das etwa den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, aber auch die Sanierung von öffentlichen Gebäuden wie Kitas, Schulen oder Kultureinrichtungen beinhalte.

Ungewohntes Lob bekam Schulze vom klimapolitischen Sprecher der Linken im Bundestag, Lorenz Gösta Beutin. "Die richtigen Vorschläge der Umweltministerin dürfen in der Bundesregierung, vor allem bei den Klimaschutzbrems-Ministerien von Altmaier und Scheuer, nicht erneut auf taube Ohren stoßen", forderte der Abgeordnete.

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