Ein aufgeschlagenes Buch
Lesen bildet. (Foto: Hermann Traub/Pixabay)

Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ist sich weitgehend einig: Einen CO2-Preis sollte es nicht geben. Die Unionspolitiker fürchten, dass die heimische Wirtschaft benachteiligt werden könnte, wenn Deutschland dem Kohlendioxidausstoß einen Preis verpasst.

Bislang wird knapp die Hälfte der CO2-Emissionen in Deutschland bepreist – über das europäische Handelssystem ETS müssen Kraftwerke und Industrieanlagen Emissionszertifikate erwerben. Zwar ist der Preis für CO2-Zertifikate in den vergangenen Monaten erheblich gestiegen – auch weil sich das Europäische Parlament und die EU-Staaten im vergangenen Herbst auf die längst überfällige Reform des ETS geeinigt hatten. Doch um eine Wirkung für das Klima zu entfalten, ist der Preis noch immer zu niedrig. Zudem sind der Verkehrsbereich – abgesehen von innereuropäischen Flügen – und die Beheizung von Wohnräumen nicht Teil des ETS. 

Neuen Auftrieb verleiht nun Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) der Diskussion: "Ich will, dass wir darüber diskutieren, welche Modelle es eigentlich für CO2-Preise gibt, die die Bürgerinnen und Bürger nicht stärker belasten und trotzdem Anreize bieten, CO2 zu reduzieren", sagte Schulze im Bundestag.

Damit bringt die Ministerin auf die Tagesordnung, was sich die Regierungsparteien für die laufende Legislaturperiode qua Koalitionsvertrag vorgenommen haben: die CO2-Bepreisung mindestens in den G20, besser noch international zu verankern.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat aber offenbar keine Lust mehr darauf. Dabei ist ein einheitlicher Preis auf CO2 das vernünftigste Instrument für Klimaschutz. Aus Sicht von Ökonomen ist er ein effizientes Mittel. Unermüdlich trommelt der Umweltökonom Ottmar Edenhofer vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) seit Jahren für den CO2-Preis.

Buchcover Klimapolitik

Das Buch

"Klimapolitik" von Ottmar Edenhofer und Michael Jakob ist bei C.H.Beck erschienen.

Mit seinem Kollegen Michael Jakob hat er ein Buch darüber – oder genauer über Klimapolitik – geschrieben. Auf 128 Seiten erklären die Wirtschaftswissenschaftler nüchtern und präzise, warum die zunehmende Erderwärmung ein Problem ist und wie die Katastrophe verhindert werden kann.

Zunächst geben Edenhofer und Jakob den aktuellen Stand der Forschung wieder: Sie zeichnen die Entwicklung der Treibhausgasemissionen seit der industriellen Entwicklung nach. Allen Klimaverhandlungen und Absichtserklärungen der Staaten zum Trotz sind die Emissionen nach der Jahrtausendwende noch schneller angestiegen als davor. Der nahezu ungehinderte Treibhausgas-Ausstoß führt zu wachsenden Risiken und Schäden.

Doch vor allem legt der schmale Band Lösungswege dar. Demnach bleiben der Menschheit nur zwei Optionen – ehrgeizige Klimapolitik betreiben oder nicht. Typisch Ökonomen, argumentieren Edenhofer und Jakob anhand einer Formel, dass Politiker sich – zumindest im Idealfall – für anspruchsvollen Klimaschutz entscheiden, wenn die Kosten des Klimaschutzes niedriger als die Kosten der möglichen Schäden sind.

Nicht nur für Ökonomen überzeugend

Die nötigen Investitionen für Klimaschutz beziffern die Wissenschaftler auf 0,06 Prozent des jährlichen Wirtschaftswachstums. Die Botschaft ist für Politik ist simpel: Es kostet nicht die Welt, den Planeten zu retten – deshalb lohnt sich Klimaschutz.

Doch das Verschmutzen der Atmosphäre mit CO2 kostet derzeit trotz erheblicher Risiken nichts, ganz im Gegenteil: Mit rund 100 Milliarden US-Dollar subventionieren die G7-Regierungen jedes Jahr die Nutzung von Kohle, Öl und Gas. Stattdessen – so Edenhofer und Jakob – braucht die Weltwirtschaft einen CO2-Preis, der die begrenzte Aufnahmefähigkeit der Atmosphäre mit CO2 widerspiegelt. Dieser würde die Knappheit der Atmosphäre in wirtschaftliche Anreize, Emissionen einzusparen, übersetzen. Emissionsintensive Produkte würden teurer und durch klimafreundliche Versionen ersetzt. 

Zwar gibt es – wie in der EU – Handelssysteme für CO2, aber bislang ist der Preis zu niedrig, um die Wirtschaft zur Abkehr von fossilen Brennstoffen zu bewegen. Deshalb empfehlen die Wissenschaftler, einen Mindestpreis festzulegen – oder besser noch eine CO2-Steuer einzuführen. Diese müsste nicht mal besonders hoch sein. Die Einnahmen aus einer moderaten CO2-Steuer könnten, so schlagen Edenhofer und Jakob vor, in die Bekämpfung von Armut gesteckt werden und Investitionen in Bildung, Öko-Energien, sauberes Wasser und Telekommunikation ermöglichen. 

Edenhofer und Jakob liefern eine Argumentationskette, die selbst jene überzeugen müsste, die sich nicht für Klimaschutz interessieren. Bleibt zu hoffen, dass ihnen dieses Buch in die Hände fällt und sie aus dem Inhalt die notwendigen Konsequenzen ziehen.

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