Das Konzept einer rohstoffsparenden und abfallarmen "Kreislaufwirtschaft" ist schon vor über 30 Jahren entwickelt worden. Bereits der frühere, im vorigen Jahr verstorbene Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) führte es als politisches Ziel ein, inzwischen gilt es EU-weit.
Doch auch heute noch liegt der Anteil recycelter Rohstoffe in der deutschen Volkswirtschaft erst bei 13 Prozent. Nichtregierungsorganisationen fordern vor diesem Hintergrund von der künftigen Bundesregierung und von der EU eine konsequente "Rohstoffwende", die zudem global gerecht organisiert sein müsse.
Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Powershift aus Berlin appellierte an die neuen Bundestagsabgeordneten, sich in der kommenden Legislaturperiode im Bereich der Rohstoffpolitik fünf zentrale Ziele zu setzen, darunter vor allem eine drastische Reduktion des Verbrauchs von Primärrohstoffen, die zu einem großen Teil importiert werden, und deutliche Fortschritte hin zur Kreislaufwirtschaft.
Abbau und Weiterverarbeitung von neuen Rohstoffen seien oft mit Umweltschäden, Menschenrechtsverletzungen und Kinderarbeit verbunden, so Powershift. Erreicht werden könnten die Ziele durch Nutzung von recycelten Rohstoffen, eine effizientere Nutzung der Ressourcen sowie langlebige Produktdesigns. Dies müsse konsequent gefördert werden.
Wie groß das Problem ist, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. So wandern hierzulande allein 500 Millionen Tonnen Primärrohstoffe in den Bau, 575 Millionen in die Metallerzeugung und mehr als 200 Millionen Tonnen in die Automobilindustrie (Zahlen für 2021). Allerdings erhalten nur besagte 13 Prozent der eingesetzten Rohstoffe ein zweites Leben, indem sie als "Sekundärrohstoffe" in den Materialkreislauf zurückfließen.
Rohstoffpolitik steht nicht im Sondierungspapier
Weiter fordert die Organisation, höchste ökologische und menschenrechtliche Standards im Bergbau durchzusetzen – durch entsprechende Vorgaben bei der Förderung und eine ungeschmälerte Übernahme des europäischen Lieferkettengesetzes in bundesdeutsches Recht.
Zudem müssten Handels- und Partnerschaftsabkommen so gestaltet werden, dass sie sich an den Interessen der Lieferländer orientieren und dort die lokale Wertschöpfung stärken. "Sonderklagerechte für Unternehmen gehören abgeschafft", fordert Powershift.

Die Importeure von Rohstoffen wiederum müssten ökologische und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten einhalten, insbesondere bei der Kreditvergabe. Auch staatliche Bürgschaften, wie die sogenannten Ungebundenen Finanzkreditgarantien (UFK), dürften nur an Unternehmen vergeben werden, die Umwelt und Menschenrechte achten.
Die Nichtregierungsorganisation hat diese Forderungen in einem Briefing an die neuen Bundestagsabgeordneten übermittelt, verbunden mit einer Kritik daran, dass Rohstoffpolitik im Sondierungspapier von Union und SPD nicht vorkommt. Bettina Müller, Handelsreferentin bei Powershift, sagte dazu, die in dem Papier vorgeschlagenen neuen Handelsabkommen ignorierten die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.
Abkommen wie das zwischen der EU und den Mercosur-Staaten beschlossene stellten Gewinninteressen europäischer Konzerne über Klima-, Umwelt- und Menschenrechtsschutz, so Müller. Sie dürften daher nicht ratifiziert werden. "Deutschland muss ein Gegenmodell einer Politik à la Trump sein und sich für gerechte Partnerschaften einsetzen, die lokale Wertschöpfung und nachhaltige Entwicklung fördern", forderte sie.
"Clean Industrial Deal" will recyceln, aber nicht einsparen
Die Verantwortung der EU im Rohstoffsektor betonten unterdessen auch die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch und die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung in einer Bewertung der jüngst von der EU-Kommission vorgestellten Industriestrategie "Clean Industrial Deal". Dass darin die Kreislaufwirtschaft einen Schwerpunkt bilde, sei positiv zu bewerten.
Damit könne der im globalen Vergleich hohe Rohstoffbedarf der EU sinken und die europäische Industrie unabhängiger von importierten Primärrohstoffen werden, so die beiden Organisationen. Sie fordern jedoch, die Ambitionen zur Ressourceneinsparung deutlich zu erhöhen und bei den im "Deal" angekündigten Partnerschaften für Kreislaufwirtschaft die Belange von Ländern des globalen Südens zu berücksichtigen.
Die Kritik richtet sich darauf, dass der EU-Deal nicht zum Ziel habe, den absoluten Ressourcenbedarf zu senken, und zu stark auf Recycling orientiere, während andere Kreislauf-Strategien wie die Verlängerung der Nutzungsphasen von Produkten außen vor blieben. Dies müsse geändert werden.
Als Beispiel, wie das erreicht werden könnte, verweisen Germanwatch und Böll-Stiftung auf die von der EU angekündigte Revision des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems. Dadurch könnten Reparaturen verbilligt werden.
Auch zu einem weiteren Instrument des Clean Industrial Deal, den "Kreislaufwirtschafts-Partnerschaften" mit Entwicklungsländern, machen Germanwatch und Böll-Stiftung Vorschläge. Sie sollten genutzt werden, um dort hochwertige Recycling- und Verarbeitungskapazitäten etwa für Metallschrotte und Gebrauchtwaren aufzubauen.
Dabei dürfe es aber nicht ausschließlich darum gehen, Kapazitäten für den Re-Export von recycelten Rohstoffen in die EU zu fördern. Ein Ziel müsse auch sein, den Bedarf des lokalen Marktes zu decken.