Am Tagebaurand steht ein kleines Holzmodell des Immerather Doms.
Nach dem "Dom" von Immerath hat RWE nun auch den Nachbarort Lützerath zerstört. Die Kohle darunter darf der Konzern trotzdem nicht bekommen, sagen Klimabewegung und Wissenschaft. (Foto: Barbara Schnell)

Das Dorf Lützerath existiert nicht mehr. Aber die Kohle darunter ist noch tief in der Erde und wird nach derzeitiger Planung dort noch einige Jahre bleiben. Hier will die Klimabewegung ansetzen und darauf drängen, dass die Lützerath-Kohle doch nicht genutzt wird, kündigte Fridays for Future am Montag an.

Weitere Protestaktionen soll es am kommenden Freitag und zur Berlin-Wahl Mitte Februar geben. Für Anfang März ist ein neuer "globaler Klimastreik" geplant. Von einer geplanten "Protestwelle" spricht Aktivistin Luisa Neubauer.

Den Lützerath-Protest, der eine Woche lang die Schlagzeilen bestimmte, wertet Fridays for Future als "großen Erfolg". Man habe, so die Aktivistin Pauline Brünger, den Referenzrahmen für Klimapolitik verschoben und deutlich gemacht, dass Klimazerstörung nicht hingenommen werde. "Das hat die Klimabewegung gestärkt."

"Über 35.000 Menschen waren bei der Lützerath-Demo dabei", sagt Brünger. Sie verweist auf eine Umfrage des ZDF-Politbarometers, nach der 59 Prozent der Bürger:innen gegen eine Ausweitung des Braunkohleabbaus sind. Allerdings finden es zugleich auch 60 Prozent richtig, dass derzeit verstärkt Kohlekraftwerke genutzt werden, um die Stromversorgung zu sichern.

Für diese Versorgungssicherheit wäre aber die Lützerath-Kohle nicht unbedingt nötig, so der Klimaforscher Niklas Höhne vom New Climate Institute. "Die Entscheidung wurde unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs und einer befürchteten Gasmangellage getroffen", sagt er. "Jetzt liegen neue Informationen vor." Deshalb müsse die Entscheidung überdacht werden.

"Keine Zeit mehr für faule Kompromisse"

Zusammen mit über 700 Wissenschaftler:innen hat Höhne einen offenen Brief unterzeichnet, der ein Moratorium für Lützerath beziehungsweise die Kohle darunter fordert. Deutschland werde seine Klimaziele verfehlen, warnt er. Dabei seien diese Ziele nicht einmal ausreichend für das 1,5‑Grad-Limit des Paris-Abkommens.

Auch für den Autobahn-Ausbau müsse es ein Moratorium geben, fordert Fridays for Future. Die für die kommenden Wochen geplanten Proteste richten sich daher auch gegen entsprechende Forderungen der FDP und ihres Verkehrsministers, die den Straßenausbau beschleunigen wollen.

"Ich bin sehr besorgt", sagt Höhne. Wer solche Forderungen beim Verkehr stelle, habe das Problem nicht verstanden. Derzeit zeichne sich ab, dass es 2030 weltweit doppelt so viele CO2-Emissionen geben werde wie für das 1,5‑Grad-Limit erlaubt sind. "Mit einem Weiter-so wird es nicht gehen."

Höhne fordert: "Wir müssen in den Notfallmodus schalten, wir haben keine Zeit für faule Kompromisse." Jede Tonne CO2 zähle.

Notfallmodus bedeute: Wind- und Sonnenenergie ausbauen, statt über Atomkraft und Kernfusion zu diskutieren, Gas sparen statt LNG-Terminals bauen, die Bahn ausbauen statt Straßen, E‑Autos statt E‑Fuels.

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