Bis Ostern will CDU-Chef Friedrich Merz die neue Bundesregierung gezimmert haben. Selbst wenn er den Zeitplan einhält, rechnet die Energiebranche damit, dass frühestens zur Sommerpause dringliche Anliegen gesetzlich durchgebracht werden. Der Baustellen gibt es viele – ein erster Überblick über die wichtigsten.

Strompreis

Seit Jahren bewegt sich Deutschland beim Strompreis für Haushalte im europäischen Spitzenfeld. Familien, die jährlich 3.500 Kilowattstunden verbrauchen, bezahlten nach Branchenangaben 2022 rund 38 Cent für die Kilowattstunde und 2023 dann rekordverdächtige 45 Cent. 2024 war es mit 41 Cent etwas weniger.

Langfristig sollen vor allem die Erneuerbaren für preiswerten Strom sorgen. Davon kann schon profitieren, wer ein Solardach sein Eigen nennt. Damit das auch für Haushalte funktioniert, die ihren Strom vom Versorger übers Netz beziehen, braucht es noch einiges an Reformen am Strommarkt.

 

Kurzfristig hilft da nur, den Strompreis mit zusätzlichen Mitteln zu stützen. Der Vorschlag der Union im Wahlprogramm dazu nennt sich Klimabonus. In dessen Genuss sollen Privatverbraucher und Unternehmen kommen.

Geldquelle ist die CO2-Bepreisung. Mit den Einnahmen sollen nach dem Willen der Union die Stromsteuer aufs europäische Minimum gesenkt und die Netzentgelte mindestens halbiert werden.

Die Stromsteuer für private Verbraucher liegt derzeit bei 2,05 Cent je Kilowattstunde, das europäische Mindestmaß bei 0,1 Cent. Würde die Stromsteuer um etwas mehr als zwei Cent auf diesen Mindestwert gedrückt, könnte das die Haushalte um drei Milliarden Euro entlasten, errechnete das Preisportal Verivox.

Das Netzentgelt beläuft sich dieses Jahr – bei starken regionalen Schwankungen – auf durchschnittlich 6,65 Cent pro Kilowattstunde. Was eine Halbierung kostet, dazu ist keine öffentliche Schätzung bekannt. Allerdings fordert auch die SPD die Halbierung und die Einführung eines festen Deckels von drei Cent pro Kilowattstunde. Das passt also bereits unter den künftigen Koalitionären.

Würden beide Maßnahmen umgesetzt, könnte der Strompreis für Haushalte um mehr als fünf Cent sinken. Die zu erwartende Entlastung für die Industrie ist wegen ihrer Stromsonderkonditionen schwer zu beziffern.

Das Stromsystem, das bisher auf die fossilen Energien ausgerichtet ist, muss umgebaut werden. (Bild: Erich Westendarp/​Pixabay)

Preiswerter Strom ist nicht nur für Haushalte und Industrie wichtig, sondern mittelbar auch für den Klimaschutz. Denn die Dekarbonisierung von Bereichen wie Verkehr und Gebäude läuft vor allem über den Einsatz von grünem Strom, selbst wenn Wasserstoff zum Einsatz kommt, denn auch dieser wird künftig vor allem "aus Strom gemacht".

Bei einem halbierten Strompreis (oder dem doppelten Gaspreis) würde sich der Absatz von Wärmepumpen nahezu verdoppeln, ergab jetzt eine Analyse von KfW Research, dem Forschungszentrum der staatlichen Förderbank KfW. "Das Verhältnis von Strom- zu Gaspreis ist ein relevanter Hebel, um die Verbreitung von Wärmepumpen voranzutreiben", erläuterte Mitautor Johannes Rode.

Für den Energieexperten von KfW Research ist dabei zu berücksichtigen, dass besonders einkommensschwache Haushalte häufig in energetisch ineffizienten Gebäuden wohnen. Daher seien flankierende Maßnahmen nötig, etwa Zuschüsse oder zinsgünstige Kredite, um die Energiewende fair zu gestalten, so der Ökonom.

Gebäudeenergiegesetz

Die Reform des im Gebäudebereich maßgeblichen Heizungsgesetzes gleicht inzwischen eher einer Quadratur des Kreises. Es gänzlich wieder abzuschaffen, wäre unklug. Das hat sich inzwischen auch bei CDU und CSU herumgesprochen.

Zum einen könnte Deutschland seine Klimapflichten dann gleich aufgeben, zum anderen droht ab 2027 mit der Einführung des zweiten europäischen Emissionshandels für Gebäude und Verkehr eine weitere Kostenexplosion bei fossilen Brennstoffen.

Laut aktuellen Berechnungen des neuen Thinktanks "Zukunft Klimasozial" drohen ab 2027 bei Eigenheimen, die noch mit Öl oder Gas heizen, Kostensteigerungen von 100 bis 400 Euro pro Jahr sowie bei der Pkw-Nutzung von 100 bis 200 Euro.

Das scheint für sich genommen nicht so viel, aber zugleich sehen sich die Haushalte mit steigenden Aufwendungen fürs tägliche Leben und für Mobilität konfrontiert. Da können neue CO2-Kosten der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Zur Abhilfe schlägt Zukunft Klimasozial unter anderem ein sozial gestaffeltes Klimageld vor, je nach Rückzahlungsmodell 50 bis 270 Euro pro Kopf und Jahr. Dazu sollen spezielle Förderprogramme für arme Haushalte kommen.

Förderung erneuerbarer Energien

Zentraler Streitpunkt der neuen Koalition wird sicherlich die Finanzierung der Erneuerbaren-Förderung. 2024 musste der Bundeshaushalt für die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantierte Einspeisevergütung rund 18,5 Milliarden Euro aufs EEG-Konto überweisen, geplant waren eigentlich nur etwas mehr als zehn Milliarden.

Für 2025 sind 16,5 Milliarden vorausgesagt. Die Prognose stammt allerdings aus dem Herbst letzten Jahres. Ende Januar einigten sich Union, SPD und Grüne auf eine Reform der Bioenergie-Förderung, die nochmal 1,5 Milliarden Euro kostet, wenn auch verteilt über mehrere Jahre.

Dazu kommt der weitgehende Bestandsschutz für die laufende EEG-Förderung sowie der auch von der Union geplante weitere Ausbau der Erneuerbaren. Durchschlagende Kostensenkungen in dem Bereich sind so erst für Anfang der 2030er Jahre zu erwarten.

Bisherige Sparmaßnahmen sind eher kleinteilig. Sonne, Wind und Biogas sollen auf dem Strommarkt noch mehr Einnahmen selbst erzielen. Große Wind- und Solarparks sollen mehr direkte Lieferverträge mit Großabnehmern abschließen und sich dort ihre Einnahmen holen.

Neue Kraftwerke

Dringend muss sich die neue Regierung um die Stabilität des Stromnetzes kümmern. Schon jetzt werden angeblich drohende "Blackouts" zu Ostern heraufbeschworen. Das zentrale Werkzeug dagegen ist das in der Ampel durchgefallene Kraftwerkssicherheitsgesetz.

Dieses hielt den Neubau von 12.500 Megawatt neuer flexibler Kraftwerke für nötig, anfangs mit Erdgas und irgendwann mit Wasserstoff betrieben. Zu einer "steuerbaren Leistung" hätten sich auch Wind- und Solarparks, Speicher sowie Großverbraucher zusammenschließen können.

Experten warnen davor, so viele neue Gaskraftwerke zu bauen wie von der Ampel zunächst geplant – und nun wieder von Friedrich Merz. (Bild: Thomas Looniverse/​Wikimedia Commons)

CDU-Chef Friedrich Merz verkündete im Wahlkampf die Absicht, sofort 50 neue Gaskraftwerke bauen zu lassen. Die Zahl ist nicht neu. Mitte 2023 plante die Ampel selbst noch den Neubau von 25.000 Megawatt sogenannter wasserstofffähiger Gaskraftwerke. Das wären in etwa 50 Anlagen gewesen.

Das war schon 2023 recht utopisch. So viel Wasserstoff ist auf Jahrzehnte in Deutschland für Kraftwerke nicht verfügbar, auch nicht für reinen Backup-Betrieb. Die Anlagen sollen ja nur dann laufen, wenn Wind, Sonne und Biogas es nicht schaffen, also wenige hundert Stunden im Jahr. Ohne kräftige Subventionen rechnet sich das wiederum für die Betreiber nicht. Woher die Milliarden dafür herkommen sollen, ist ziemlich unklar.

Klimaschutzprogramm

Neben all den Unwägbarkeiten der Energiewende muss die Bundesregierung ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen. Das verlangt das Klimaschutzgesetz von jeder neuen Regierung. So ein Programm soll alle Anstrengungen der Koalition zum Erreichen der nationalen und europäischen Klimaziele bündeln.

Das geltende Klimaschutzprogramm stammt noch von der Ampel aus dem Oktober 2023. Es präsentierte sich damals mit einer CO2-Einspar-Lücke von 200 Millionen Tonnen, die Deutschland zum Klimaziel für 2030 fehlten.

2024 ergab die jährliche Treibhausgas-Projektion des Umweltbundesamtes, die Lücke könne geschlossen werden, wenn alle Klimamaßnahmen der Ampel wirklich erfolgreich umgesetzt würden, einschließlich des umstrittenen Heizungsgesetzes oder dem Kohleausstieg bis 2030 auch in den ostdeutschen Ländern. Beides ist so nicht geschehen.

 

Wie die Lage beim Klimaziel 2030 aktuell aussieht, wird das Umweltbundesamt Mitte März verkünden. Die neue Projektion wird dann wie vorgeschrieben vom Expertenrat für Klimafragen geprüft. Der verkündet zwei Monate später, Mitte Mai, sein Urteil.

Darauf wird die neue Regierung mit dem neuen Klimaprogramm reagieren müssen. Große klimapolitische Maßnahmen sind von Union und SPD kaum zu erwarten, dem Thema ausweichen können sie aber auch nicht. Denn am Horizont schimmert schon das Startjahr 2027 für den neuen europäischen Emissionshandel auf.

Anzeige