Sektgläser
Bei den Erdgas-Konzernen knallen heute die Sektkorken, meint der Umweltverband BUND und spricht von einem "Aushebeln" der Energiewende. (Bild: Reimund Bertrams/​Pixabay)

Das von der Bundesregierung in dieser Woche beschlossene CO2-Speichergesetz trifft nicht nur bei Umweltorganisationen, sondern auch in der Ampel auf Widerstand, namentlich bei SPD- und Grünen-Politikern.

Der Grund dafür: Laut dem im Haus von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erarbeiteten Entwurf dürfte künftig auch CO2, das aus Erdgas-Kraftwerken stammt, aufgefangen und unterirdisch endgelagert werden. Das würde die Ära der fossilen Verbrennung unnötig verlängern, so die Befürchtung.

Habeck hat am Mittwoch den Entwurf zu dem Speichergesetz sowie Eckpunkte für eine "Carbon-Management-Strategie" durch das Kabinett gebracht. Erlaubt werden danach die Abscheidung und Speicherung respektive Nutzung von Kohlendioxid – Fachkürzel CCS und CCU. Bisher sind diese Verfahren praktisch verboten.

Zugelassen werden sie für Industriesektoren wie Zement und Stahl sowie die Müllverbrennung, in denen gewisse Restemissionen nicht vermieden werden können. Hierfür ist auch eine öffentliche Förderung möglich.

Möglich sollen CCS und CCU aber auch bei der Erdgas-Verstromung und der Herstellung von "blauem" Wasserstoff aus Erdgas sein, dabei allerdings generell ohne Finanzhilfen.

Weiter erlaubt die Novelle den Transport von CO2 ins Ausland sowie die Speicherung unter der Nordsee. An Land soll Letzteres möglich sein, wenn die betreffenden Bundesländer das wünschen.

"Fehlanreize für fossile Geschäftsmodelle"

Klima- und Umwelt-Fachpolitikerinnen wie Nina Scheer von der SPD sowie Lisa Badum und Armin Grau von den Grünen monieren, die Einbeziehung von Erdgas sei nicht vom Ampel-Koalitionsvertrag gedeckt sei, der CCS und CCS nur für unvermeidbare Restemissionen vorsieht.

Scheer sagte, diese Begrenzung werde "mit dem Entwurf überschritten", dies sei "weder mit dem Koalitionsvertrag noch mit der klaren Positionierung der SPD-Fraktion vereinbar".

Auch Badum verlangte, die Verfahren auf Sektoren zu begrenzen, die sich nicht elektrifizieren oder auf anderem Weg dekarbonisieren lassen. Grau warnte vor "Fehlanreizen für ein Festhalten an fossilen Energieträgern und die Fortschreibung veralteter Geschäftsmodelle".

Die Grünen können sich dabei auf einen Fraktionsbeschluss vom Dezember stützen, in dem es heißt: "Die Energiewirtschaft sehen wir nicht als Anwendungsbereich." Sie setzen darauf, dass das Gesetz im parlamentarischen Verfahren noch verändert werden könne.

 

Auch Umweltverbände äußerten harsche Kritik. Der BUND warnte zum Beispiel: "Die Energiewende wird ausgehebelt, der Ausstieg aus den fossilen Energien ist plötzlich massiv gefährdet." Bei Unternehmen wie Shell, Exxon, Wintershall DEA oder Equinor würden jetzt die Sektkorken knallen, da die Ampel ihnen "mit dem Beschluss des CCS-Gesetzes ein flächendeckendes Kohlendioxid-Pipelinenetz und Klimamülldeponien unter dem Meer und an Land" beschere.

Wirtschaftsverbände hingegen lobten den Beschluss. Der Industrieverband BDI befand, das überarbeitete CO2-Speichergesetzes sei "ein sehr wichtiger Schritt" für eine wettbewerbsfähige Transformation der deutschen Industrie in Richtung Klimaneutralität.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßte den Gesetzentwurf ebenfalls, besonders die vorgesehene Anwendung bei Müllverbrennungsanlagen. Eine großflächige Nutzung von CCS und CCU bei fossil betriebenen Gaskraftwerken sei allerdings wegen hoher Kosten "kaum zu erwarten".