Jens Mühlhaus. (Foto: Dominik Parzinger)

Klimareporter°: Herr Mühlhaus, mit Sydney und Melbourne haben sich zwei weitere Städte der Powering Past Coal Alliance angeschlossen. Welche Rolle sollten Städte aus Ihrer Sicht in der Energiewende spielen?

Jens Mühlhaus: Städte sind der Schlüssel für den Erfolg der Energiewende. Obwohl sie nur drei Prozent der Erdoberfläche bedecken, verbrauchen sie 75 Prozent unserer Ressourcen. Deswegen brauchen wir dringend Konzepte und Ideen, um die Transformation des Energiesektors in urbanen Räumen herbeizuführen.

Kommunen, Städte und Unternehmen stehen im Angesicht von Klimawandel, Verstädterung und Energieverbrauch unter akutem Handlungsdruck und vor ungekannten Herausforderungen. Aber auch vor der einmaligen Chance, sich als Lebens- und Wirtschaftsraum neu zu erfinden und mit erneuerbarer Energie zu versorgen.

Wir bei Green City in München haben es uns seit 1990 zur Aufgabe gemacht, diese Herausforderung anzunehmen und Lösungen zu bieten. Green Cities sind die Zukunft, die wir wollen und die Städte, die wir angesichts des fortschreitenden Klimawandels brauchen. Sie müssen ökologisch nachhaltig und von hoher Lebensqualität sein.

Was lange als Utopie galt, ist längst globale Notwendigkeit. Sydney, Melbourne und andere machen es vor. Weltweit werden weitere Städte folgen müssen, damit die globale Energiewende auch wirklich funktionieren kann.

Der neue bayerische Energieminister Hubert Aiwanger hat eine Neuauflage der Energiewende in Bayern angekündigt. Er will die Erneuerbaren fördern, aber auch neue Gaskraftwerke bauen lassen. Ist das der Weg, die Energiewende in Bayern anzukurbeln?

Aus Aiwangers groß angekündigtem Neustart für die Energiewende in Bayern ist ein desaströser Fehlstart geworden. Statt laut über neue Gaskraftwerke nachzudenken und die beiden Stromtrassen von Nord nach Süd anzuzweifeln, sollte er sich mal über verlässliche Rahmenbedingungen in Bayern für die Erneuerbaren Gedanken machen.

Erneut geht es nicht um den Ausbau und die dezentrale Versorgung durch regenerative Quellen, sondern wieder um die Verlagerung von Problemen. Der bayerische Landesvertretung des Erneuerbaren-Verbandes BEE hat das Rechenexempel bereits aufgestellt: Würden Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 4.000 Megawatt errichtet und liefen diese 6.000 Stunden im Jahr, stiegen die CO2-Emissionen in Bayern auf einen Schlag um mehrere Millionen Tonnen jährlich. Das wäre nach der 10-H-Regel der nächste Knock-out für den Klimaschutz im Freistaat.

Und was war Ihre Überraschung der Woche?

Manchmal sind es die fast unbeachteten Zwischentöne, die eine große Wirkung haben. In dieser Woche bin ich über zwei Aussagen des Bundesrates gestolpert, die im Zuge der Änderung des Energiesammelgesetzes veröffentlicht wurden. Der Bundesrat bedauert darin, dass erneut eine Chance verpasst würde, "energiepolitische Perspektiven aufzuzeigen, die über aktuell notwendige Anpassungen hinausreichen".

Außerdem stellt die Ländervertretung fest, dass ein weiteres Aufschieben wichtiger energiepolitischer Weichenstellungen den ökonomischen wie ökologischen Herausforderungen, vor denen Deutschland angesichts seines unvermindert hohen CO2-Ausstoßes steht, in keiner Weise gerecht werde. Erneut würden Bürger und Unternehmen verunsichert, statt Planungssicherheit zum Erreichen der Klimaziele zu schaffen.

So klare und deutliche Worte aus einem politischen Gremium zu hören gibt Hoffnung, dass das Ruder für die Energiewende doch noch herumgerissen werden kann.

Fragen: Friederike Meier

Anzeige