Installation, die Schornsteine darstellt, aus denen Ruß kommt, der das Gesicht von Angela Merkel formt.
Angela Merkel, die Nicht-mehr-Klimakanzlerin, im Abgas eines Kohlekraftwerks: Installation beim "Global Climate March" 2015 in Berlin. (Foto/​Ausschnitt: Markus Winkler/​Flickr)

Bei der Klimapolitik zeigte sich die ehemalige Klimakanzlerin vorbereitet. Auf ihrer heutigen Sommerpressekonferenz nach der Bilanz auf diesem Gebiet gefragt, rechnete Angela Merkel zunächst vor, dass Deutschland von 1990 bis 2010 die CO2-Emissionen um 20 Prozent und von 2010 bis 2020 um weitere 20 Prozent reduziert habe – und jetzt habe man sich bis 2030 noch einmal eine 25-prozentige Reduktion vorgenommen.

Es sei also "einiges passiert", so Merkel weiter. Gemessen am Ziel von Paris, deutlich unter zwei Grad Erderwärmung und möglichst nah bei 1,5 Grad zu bleiben, sei aber "nicht ausreichend viel passiert", räumte sie ein.

Das gelte nicht nur für Deutschland, sondern für "sehr, sehr viele Länder" auf der Welt. Deshalb müsse das Tempo beim Klimaschutz angezogen werden.

Deutschland habe hier mit dem neuen Klimaschutzgesetz, das Klimaneutralität für 2045 vorsieht, seinen Beitrag geleistet, nahm die Kanzlerin für sich in Anspruch. Das gehe mit einem "tiefgreifenden Transformationsprozess" einher, bei dem darauf geachtet werden müsse, möglichst viele Menschen "mitzunehmen".

Auf Nachfrage betonte Merkel, die "wissenschaftliche Evidenz" mahne beim Klimaschutz zu noch mehr Eile. Dafür müssten Politiker und Politikerinnen aber Mehrheiten finden.

Fridays for Future sei dabei eine positive "Antriebskraft", sagte Merkel. Die Jugendbewegung stelle aber nicht die einzige Meinung dar, die in Deutschland existiere. Ihre Aufgabe als Bundeskanzlerin sei es, um parlamentarische Mehrheiten für den Klimaschutz zu kämpfen. Dabei wünsche sie sich auch, dass es schneller gehe.

In dem Zusammenhang sprach sich die scheidende Kanzlerin auch dafür aus, die Menschen im ländlichen Raum, die in besonderem Maße das Aufstellen von Windrädern zu verkraften hätten, an den Vorteilen der Energiewende zu beteiligen. Das sei bisher noch nicht gelungen.

Aus der Perspektive dieser Menschen verschlechtere sich die Lebensqualität, behauptete Merkel. Wenn es gelänge, einen Anreiz zu setzen, dass die Energiewende etwas Wichtiges sei, gäbe es nach Merkels Ansicht weniger Widerstand beim Ausbau der erneuerbaren Energien wie auch der Netze.

Klimaschutz sei auch eine Frage sozialer Gerechtigkeit, sagte Merkel. Man könne aber nicht einen CO2-Preis einführen und anschließend eine Carbon-Leakage-Verordnung erlassen, die allen, die mehr zahlen müssten, das sofort wieder zurückgebe. "Eine totale Kompensation für jeden kann es nicht geben."

Bei konkreten Fragen ausweichend

Das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts bezeichnete Merkel in der mehr als einstündigen Pressekonferenz als "großen Erfolg" und "wegweisend". Der Urteilsspruch habe sie ermutigt, parlamentarische Mehrheiten für eine stärkere CO2-Minderung zu finden.

Nach dem befragt, was sie gehindert habe, effektiv gegen den Klimawandel vorzugehen, wich Merkel auf die internationale Ebene aus und bedauerte, dass sie sehr lange am Kyoto-Protokoll – dem Paris-Vorgängervertrag mit seinen festen CO2-Reduktionspflichten – festgehalten habe.

Sie habe aber irgendwann erkennen müssen, dass allenfalls die EU-Staaten und "ganz wenige" andere Länder bereit gewesen waren, den Weg des Kyoto-Protokolls überhaupt in Betracht zu ziehen: Viele Länder hätten klipp und klar gesagt, sie würden sich niemals rechtsverbindlich international verpflichten. Der Tiefpunkt sei dann das Scheitern des Klimagipfels in Kopenhagen gewesen.

Auf eine kritische Frage, wie sie es bewerte, dass das Bundestags-Wahlprogramm der CDU den Pariser Klimazielen nicht gerecht werde, ging Merkel nicht konkret ein. Sie zeigte aber sich aber skeptisch gegenüber dem Vorschlag in dem Wahlprogramm, Deutschland solle sich Klimainvestitionen im Ausland gutschreiben lassen.

Sie glaube nicht, so Merkel, dass dieser Vorschlag unter den Regeln des Pariser Klimavertrages anerkannt würde. "Wir sollten uns auf Maßnahmen konzentrieren, die mit dem Paris-Abkommen vereinbar sind."

Den Atomausstiegsbeschluss von 2011 hält Merkel weiterhin für die richtige Entscheidung für die Bundesrepublik. Kernenergie sei auf lange Sicht keine "nachhaltige Energieerzeugung", sagte sie. Da seien die Würfel gefallen und sie sehe auch nicht, dass eine zukünftige Bundesregierung das ändern werde. Andere Länder, die sich gegen den Atomausstieg entschieden haben, haben es nach Merkels Ansicht aber "einfacher", die Klimaneutralität zu erreichen.

Die Kanzlerin verteidigte in dem Zusammenhang auch den Einsatz von Erdgas für eine "Übergangszeit". Man könne nicht, wie es manche jetzt forderten, zugleich aus der Kernenergie, aus der Kohle und aus dem Erdgas aussteigen. Das werde nicht möglich sein.

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