Eigentlich hatte sich Jochen Flasbarth schon auf seinen Abschied vom Umweltministerium eingestellt. Nun kommt es anders. Der beamtete Staatssekretär soll auch unter der neuen Ministerin Svenja Schulze (SPD) im Amt bleiben. Einen entsprechenden Bericht der Tageszeitung Taz bestätigte das Umweltministerium gegenüber Klimareporter°.
Neben dem beamteten Flasbarth werden demnach auch die parlamentarischen Staatssekretäre Jochen Pronold und Rita Schwarzelühr-Sutter weitermachen. Personell setzt die neue Ressortchefin Schulze damit auf Kontinuität. Da der Bereich Bau ins Innenministerium wandert, verliert das Umweltressort einen Staatssekretär, nämlich den beamteten Gunther Adler.
Der 55-jährige Jochen Flasbarth ist ein Schwergewicht in der deutschen Umweltpolitik. Der studierte Volkswirt leitete bis 2003 den Naturschutzbund Nabu, bevor der damalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin ihn als Abteilungsleiter für "Naturschutz und nachhaltige Naturnutzung" ins Haus holte. Hauptaufgabe: die Vertragsstaatenkonferenz COP 9 vorbereiten – allerdings nicht die zum Klima, sondern die 2008 in Bonn zur Biodiversität.
Im August 2009 wurde Flasbarth Präsident des Umweltbundesamts. Dort nahm er kein Blatt vor den Mund. Für den Klimaschutz brauche Deutschland ein Tempolimit, forderte er gleich in den ersten Amtswochen. "Energieziel 2050: 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen" hieß das Konzept, dass er der Politik auftrug.
Als Flasbarth im Herbst 2013 den gerade fertig verhandelten schwarz-roten Koalitionsvertrag gelesen hatte, urteilte der UBA-Chef im Interview mit Klimareporter° ungewöhnlich offen: Das Kapitel zur Klimaschutzpolitik sei zu schwach. Trotz seiner Kritik bekam Flasbarth kurz darauf einen Anruf von der SPD. Und trotz seiner Kritik am Koalitionsvertrag sagte Flasbarth zu – und wurde in die Regierung der zweiten Großen Koalition Staatssekretär im Umweltministerium.
Prophetische Worte
Die Bilanz der vergangenen vier Jahre ist jedoch gemischt. Auf internationalem Parkett glänzte Deutschland; Umweltstaatssekretär Flasbarth hatte daran nicht geringen Anteil. Am Erfolg der Pariser Klimakonferenz 2015 war er maßgeblich beteiligt. Neben Ministerin Barbara Hendricks war er der wichtigste deutsche Verhandler.
Doch die Klimaschutzpolitik, die Deutschland dann tatsächlich betrieb, war genauso schwach, wie Flasbarth den damaligen Koalitionsvertrag vorab bewertet hatte.
Dabei hatte die letzte Groko das Klimaziel für 2020 noch ausdrücklich bestätigt – im Gegensatz zur neuen großen Koalition. Im Interview mit Klimareporter° – kurz vor seiner Berufung zum Staatssekretär – warnte Flasbarth, die geplanten Maßnahmen seien nicht ausreichend, um eine Emissionsreduktion um 40 Prozent gegenüber 1990 zu schaffen.
"Wenn erst die übernächste Regierung 2017 die richtigen Maßnahmen einleiten würde, bestünden keine Steuerungsmöglichkeiten mehr, bis 2020 in die richtige Spur zu kommen", mahnte Flasbarth 2013 im Interview. Aus heutiger Sicht wirkt das regelrecht prophetisch.
Den Chefposten bei der bundeseigenen Zwischenlager-Gesellschaft BGZ dürfte Flasbarth nun wohl räumen. Hendricks hatte ihn im letzten Herbst, kurz vor Beginn der Jamaika-Sondierungen, in das Amt berufen. Flasbarth übt den Job bislang nur nebenberuflich aus. Das dürfte zu viel beziehungsweise zu wenig sein.