CDU-Chef Friedrich Merz steht vor einer hellblauen Wand im ARD-Studio.
Friedrich Merz wird neuer Bundeskanzler. Immerhin will seine Union am Klimaziel festhalten. (Bild: Sandro Halank/​Wikimedia Commons)

Klimaschutz und Energiewende haben im Wahlkampf nur eine geringe Rolle gespielt. Trotzdem war die Bundestagswahl eine Klimawahl. Rund 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben ihre Stimme Parteien gegeben, die klar am Kurs zur Klimaneutralität bis 2045 festhalten wollen.

Und eine relative Mehrheit auch Parteien, bei denen der Klimaschutz wirklich zu den Kernanliegen zählt. Diese, SPD, Grüne und Linke, kommen zusammen auf über 36 Prozent und damit auf mehr Stimmen als die Union des künftigen Kanzlers Friedrich Merz mit ihren 28,5 Prozent.

Die Klimawandel-Leugner von der AfD und die abgestraften Klimaschutzbremser FDP und BSW sind von einer Mehrheit weit entfernt. Das gilt es festzuhalten.

Und das sollte Hoffnung machen. Auch wenn noch unklar ist, wie konsequent eine Klimapolitik unter einem CDU-Kanzler Friedrich Merz aussehen kann, der am liebsten die Atomkraft zurück hätte, Windräder gerne durch die Kernfusion ersetzen würde und Verbrennerautos länger fahren lassen will.

Doch immerhin, auch die Union steht ausweislich ihres Wahlprogramms zur Netto-Null bei den Treibhausgasen bis 2045. Und darauf lässt sich aufbauen. Es bleiben folglich nur noch 20 Jahre, in denen nach dem Stromsektor auch die Bereiche Gebäude, Verkehr und Industrie konsequent ökologisch fit gemacht werden müssen.

Unter diesen Bedingungen funktioniert die Strategie aus den 16 Jahren Merkel-Union nicht mehr, die Klimaschutz zwar verbal antäuschte, die Energiewende tatsächlich aber hinauszögerte und die Bundesrepublik nun zu einem Turbo bei der ökologischen Modernisierung zwingt.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Während Deutschland für die erste Hälfte der CO2-Reduktion seit Beginn der Klimapolitik um 1990 etwa 35 Jahre brauchte, steht für die zweite Hälfte nur noch gut die Hälfte zur Verfügung. Das ist die Ansage für Merz.

Besser gut regieren als nicht regieren

Die Union zielt laut Wahlprogramm darauf, "die Emissionsmenge effizient zu begrenzen und das Klima bestmöglich zu schützen", zudem sollen durch die Fiskalpolitik insgesamt vor allem die "niedrigen und mittleren Einkommen entlastet werden".

Es wird hier auf den Koalitionspartner, wohl also die SPD, ankommen, dass das auch bei der Klimawende umgesetzt wird. Einige Irrläufer-Ideen der Union sind hier unbedingt zu verhindern. Dazu zählen in einem stark erneuerbar geprägten Energiesystem unsinnige, zudem sündteure respektive in der Machbarkeit noch völlig fragliche Projekte wie neue Atom- und Fusionsreaktoren.

Ebenso gefährlich ist ein Wackelkurs beim Wechsel zur E‑Mobilität, der die globale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Autoindustrie beschädigen würde. Und auch das ersatzlose Abwracken des Heizungsgesetzes wäre falsch. Wie von CDU und CSU geplant, vor allem auf den Emissionshandel als Klimainstrument zu setzen, was stark steigende Sprit- und Heizenergiepreise bedeutet, droht sonst zum Super-GAU der nächsten Koalition zu werden.

Die Merz-Regierung muss, das ist der Job der SPD, unbedingt den Fehler der irrlichternden Ampel-Vorgängerin vermeiden, die dem Klimaschutz ein Unbezahlbar-Image verpasst hat. Sie muss auf die Einführung eines sozial ausgleichend wirkenden Klimageldes pochen, das von der Ampel zwar versprochen, aber nicht eingeführt wurde. Und sie muss mit der Union ein Klima-Sondervermögen aushandeln, das für die nächsten Jahre einen Schub bei den Klima-Investitionen ermöglicht.

 

Ist es zu viel, das von den Sozialdemokraten zu verlangen? Nein. Keinesfalls. Wenn die SPD aus Staatsverantwortung in die Merz-Regierung eintritt, statt sich in der Opposition nach der bleiernen Ära Scholz zu regenerieren, darf sie keinen weiteren Ausverkauf ihrer früheren Kernkompetenz zulassen – Gerechtigkeit, sozialen Ausgleich und gutes Leben für die arbeitende Bevölkerung.

Sonst droht den Sozis das Schicksal der Lindner-FDP, die von den Wählerinnen und Wählern wegen ihrer kurzsichtigen und egomanischen Politik bestraft wurde und aus dem Bundestag geflogen ist. Bekanntlich ist es besser, gut zu regieren, als nicht zu regieren.

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