Ein Mann in beige-braun-grün geflecktem Tarnanzug läuft schnell über ein Feld, in der Hand hält er eine Pazerfaust und ein Gewehr, auf dem Kopf hat er einen Spezialhelm mit Kamera.
Bundeswehr-Soldat der Zukunft mit Panzerfaust: Alles nachhaltig? (Foto: Dirk Vorderstraße/​FlickrCC BY 2.0)

Zur Staatsräson gehört der "Primat der Politik" gegenüber den Streitkräften. Gemeint ist damit: Die Entscheidung über die Anwendung von Gewalt liegt bei der Politik, nicht bei den Generälen. Die haben zu dienen – und zu gehorchen.

Mittlerweile gehört zur Politik auch die Klimapolitik. Die Klimapolitik ist Staatsräson geworden. Null Emissionen bis 2045 lautet in Deutschland der Rahmen, der verfassungsrechtlich erzwungen wurde.

Was bedeutet das für das Militär in Deutschland? Ist es möglich, dass heute noch Ausschreibungen herausgehen und Konzepte für Rüstungsgüter verfolgt werden, die absehbar eine Klimaaltlast darstellen werden?

Ist es möglich, dass das im vergangenen Sommer novellierte Klimaschutzgesetz des Bundes für "alle" Sektoren CO2-Minderungspfade festlegt, das Militär aber jenseits aller Sektoren bleibt? Ist es möglich, dass der Ampel-Koalitionsvertrag – die Blaupause für die nächste Novelle des Klimagesetzes in diesem Jahr – die "Jenseitigkeit" des Militärs bei der Klimapolitik akzeptiert?

Ja, das ist möglich – wenn die Politik hierzulande sich denjenigen Kräften unterordnet, die da raunen: Den Streitkräften ist aufgrund ihres Verfassungsauftrags eine besondere Rolle zugesprochen, weil sie unentbehrlich für die äußere Sicherheit sind – das habe man mit der Forderung nach deren Klimaneutralität abzuwägen.

Solche Stimmen gibt es, obwohl es absurd ist zu denken, es sei für Streitkräfte von Vorteil, die letzten Nutzer von fossil basierten Treibstoffen zu sein, wenn der Rest der Welt sich CO2-frei fortbewegt.

Bidens Klimapolitik gilt auch für das Pentagon

Wie so oft lohnt ein Blick über den Atlantik. In den USA ist Präsident Joe Biden mit der Umsetzung seiner klimapolitischen Ziele so weit, dass er im vergangenen Dezember eine Executive Order für alle Regierungsinstitutionen erlassen hat. In der unmittelbar geltenden Verordnung heißt es, seine Administration wolle "mit gutem Beispiel vorangehen, um bis 2035 eine CO2-freie Stromerzeugung und bis spätestens 2050 netto null Emissionen für die gesamte Wirtschaft zu erreichen".

Biden nennt das einen whole-of-government approach – also ein Herangehen ohne Lücken. Das wünschte man sich für Deutschland auch.

In der Executive Order war eine Klausel enthalten, dass Ministerien um Ausnahmegenehmigung nachsuchen können, wenn die Pflichten bei ihnen zu einer Verletzung der nationalen Sicherheit zu führen drohen. Der Verdacht richtete sich umgehend in Richtung Verteidigungsministerium.

Porträtaufnahme von Hans-Jochen Luhmann.
Foto: Wuppertal Institut

Jochen Luhmann

studierte Mathematik, Volks­wirtschafts­lehre und Philosophie und promovierte in Gebäude­energie­ökonomie. Er war zehn Jahre als Chef­ökonom eines Ingenieur­unternehmens und 20 Jahre am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie tätig. Er ist Vorstands­mitglied der Vereinigung Deutscher Wissen­schaftler und dort Mitglied der Studien­gruppe Europäische Sicherheit und Frieden.

Ein offener Brief von 28 Kongressabgeordneten rief dazu auf, die Klausel nicht zum Schlupfloch für das Militär werden zu lassen. Und der US-Verteidigungsminister erklärte auch umgehend, dass das Pentagon nicht vorhabe, dieses Schlupfloch zu nutzen und voll hinter dem whole-of-government approach stehe.

Mit Freude würde man solche Worte auch von der Bundesverteidigungsministerin vernehmen. Frau Lambrecht, wir hören gern von Ihren klimapolitischen Plänen für die Bundeswehr – und vom umgehenden Verbot für Ausschreibungen zur Beschaffung von Gerät und Liegenschaften, die absehbar im Jahr 2040 eine klimapolitische Altlast sein werden. Da ist Gefahr im Verzug.

 

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