Mehr Platz für umwelt- und menschenfreundlichen Verkehr: Der Volksentscheid gibt Hamburg einen starken Schub in Richtung Klimaneutralität. (Bild: Werner Spremberg/​Shutterstock)

Hanseaten sind nüchterne Leute, heißt es immer. Hanseatinnen genauso. Das ist gut, denn das hat sie, zumindest die in Hamburg, offenbar davor bewahrt, sich dem politischen Zeitgeist auszuliefern, der den Klimaschutz auf der Agenda weit nach hinten geschoben hat.

Während Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) glaubt, es komme nicht darauf an, wie stark sich die Deutschen mit ihrem Zwei-Prozent-Anteil am globalen CO2-Ausstoß dabei engagieren, haben die Hamburgerinnen und Hamburger kapiert: Es kommt darauf an. Und zwar sehr.

Der Hamburger "Zukunftsentscheid" ist ein Signal. Die Nord-Metropole soll fünf Jahre früher als bisher geplant klimaneutral werden, nämlich bereits 2040. Eine Ansage, die es in sich hat. Damit wird die von der Bundesregierung nach dem Verfassungsgerichts-Urteil 2021 auch für ganz Deutschland festgelegte Zielmarke noch einmal um fünf Jahre vorgezogen.

Allen, die nun tönen "Alles völlig unrealistisch", sei gesagt: Das mutige Hamburger Votum entspricht schlicht der Verantwortung, die Deutschland durch die Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens übernommen hat. Wer eine Chance darauf wahren will, das darin festgelegte 1,5-bis-zwei-Grad-Erwärmungslimit zu halten, muss solche Beschlüsse fassen.

Rechnet man die historische CO2-Schuld des Industrielandes Deutschland mit ein, dürfte ab sofort überhaupt kein CO2 mehr ausgestoßen werden. Dass die Hamburger so etwas nicht fordern, zeigt: Sie sind nicht nur nüchtern, sondern auch realistisch. Für letzteres spricht auch, dass sie besonders die Sozialverträglichkeit der nötigen Maßnahmen betont haben.

Trotzdem darf man nicht blauäugig sein: Klimaneutralität in nur 15 Jahren zu erreichen, ist eine Riesenaufgabe. Alte Öl- und Gasheizungen müssen schneller ausgetauscht werden, es braucht einen Turbo bei der Gebäudesanierung, der gesamte Stadtverkehr ist klimafreundlich – mit Tempo 30 und weniger Autos – umzubauen, die Industrie muss beschleunigt auf Wasserstoff und E‑Fuels umgestellt werden, und es braucht Umweltzonen im Hamburger Hafen.

Wie ambitioniert das ist, kann man daran ablesen, dass selbst die grüne Umweltsenatorin Katharina Fegebank den Volksentscheid nicht offensiv unterstützte.

 

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschenschter (SPD) und sein Senat haben nun einen Riesen-Job, der bisherige Klimaplan muss deutlich gestrafft werden. Gut, dass Tschentscher die Aufgabe offensiv angenommen hat.

Und natürlich hat er recht, dass alles nur zu schaffen ist, wenn auch der Bund entsprechend mitzieht. Hier gibt es große Fragezeichen. Allerdings stehen die Chancen gut, dass das Verfassungsgericht das Merz-Kabinett über kurz oder lang auf Kurs bringt.