Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer.
Annegret Kramp-Karrenbauer. (Foto: Krd/​Wikimedia Commons)

Annegret Kramp-Karrenbauer hat das Rennen um den CDU-Vorsitz für sich entschieden. Beim Thema Klimaschutz und Energiewende dürfte sich dadurch nichts grundlegend ändern.

"Ich glaube, sie hat ein klassisches Industriebild", sagt Markus Tressel, Grünen-Chef im Saarland, der die frühere Ministerpräsidentin des Bundeslandes seit vielen Jahren kennt. In der Vergangenheit habe sich Kramp-Karrenbauer immer wieder auf die Seite der Automobilindustrie gestellt, die für viele Arbeitsplätze im Saarland sorgt, und habe den Verbrennungsmotor verteidigt.

Die Deutschen hätten, stellte sie jüngst klar, "das Recht, mit ihrem Auto durchs Land zu fahren – durchs ganze Land. Das darf, das will und das wird der Staat ihnen nicht verbieten". Allerdings war bislang von einem solchen Verbot eher weniger die Rede, vielmehr sollen einige Stadtstraßen für besonders schmutzige Diesel gesperrt werden.

Auch beim Kohleausstieg erwarten Beobachter, dass Kramp-Karrenbauer eher defensiv auftreten wird. Das Saarland hat sich bislang schwer getan mit der Energiewende, gerade mal ein Kohlekraftwerk wurde in den vergangenen Jahren abgeschaltet, auf Drängen der Grünen. Erneuerbare prägen das Saarland nicht. Beim Umstieg auf Ökoenergien belegt das Land im bundesweiten Vergleich zuverlässig den letzten oder vorletzten Platz und emittiert pro Einwohner mehr als doppelt so viel CO2 wie im bundesweiten Schnitt.

Wirtschaft statt Umwelt

Vor Jahresfrist verhandelte Kramp-Karrenbauer, zu der Zeit noch als saarländische Ministerpräsidentin, über die später gescheiterte Jamaika-Koalition im Bund mit. Notgedrungen musste sie sich da auch mit Kohleausstieg und Klimaschutz befassen, drückte sich aber, wie in der Rheinischen Post nachzulesen ist, vor jeglicher Festlegung.

Zwar will auch Kramp-Karrenbauer, wie sie betonte, die "in Paris vereinbarten Klimaschutzziele zuverlässig einhalten", doch auf die Nachfrage, ob die CDU bereit sei, in der Wahlperiode Kohlekraftwerke stillzulegen, wich sie auf das in vielen Grundsatzpapieren der Union bewährte Zieldreieck aus. Die Zukunft der Kohle werde sich "an der Frage entscheiden, wie wir in den kommenden Jahren eine verlässliche Energiepolitik sicherstellen können, die den Zielen der Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Umweltverträglichkeit gleichermaßen Rechnung trägt".

Was dabei im Zweifel hinten runterfällt, ist aber für Kramp-Karrenbauer sonnenklar: "Wenn es für die Erreichung des 40-Prozent-Ziels notwendig ist, die Grundlage unseres Wohlstands mit einer unsicheren und überteuerten Energieversorgung aufs Spiel zu setzen, dann wäre ich als Ministerpräsidentin eines energie- und industriegeprägten Landes der Meinung, lieber 38 Prozent zu erreichen, als mit 40 Prozent die Energieversorgung infrage zu stellen."

Ein Hindernis für eine zukünftige schwarz-grüne Koalition im Bund dürfte Kramp-Karrenbauer aber nicht sein. "Ich glaube, dass sie auf der anderen Seite relativ pragmatisch ist", sagt Tressel. "Wenn der Wind sich dreht, könnte sie auch progressivere Positionen beziehen."

Technik statt Politik

Äußerst wortkarg beim Thema Klima und Energie hatte sich während des Kandidatenrennens der zweite aussichtsreiche Kandidat Friedrich Merz gegeben. Wer die Haltung des Blackrock-Aufsichtsrats zur Energiewende beschreiben wollte, landete in der Regel bei seiner Unterschrift unter einem Energiepolitischen Appell aus dem Jahre 2010, einer Lobbyinitiative, die inständig vor dem Verzicht auf Kohle und Atomkraft warnte – und warum? Erneuerbare Energien, speziell die Solarenergie, würden "auf lange Sicht noch erhebliche Mehrkosten" verursachen, heißt es im Text. "Damit die Preise für alle bezahlbar bleiben, können wir bis auf Weiteres nicht auf kostengünstige Kohle und Kernenergie verzichten", wurde ein Mantra der Unionspolitik wiederholt.

Wer noch weiter zurückgeht, kann aus den Bundestagsprotokollen des Jahres 2004 Reden von Merz fischen, wonach Rot-Grün mit der "sogenannten ökologisch-sozialen Steuerreform gescheitert" sei. Diese sei "nicht ökologisch" und "nicht sozial" und habe "mit Steuerreform nichts zu tun", kanzelte Merz das damalige Projekt ab, das in Deutschland bislang auch keine Neuauflage erlebte.

Auch in seinem aktuellen "Politischen Thesenpapier" von Ende November verliert Merz zum Klimaschutz kein Wort und hält sich nur beim technizistisch gedachten Umweltschutz auf. "Wir können es schaffen, neueste Produkte und Dienstleistungen mit innovativen Verbesserungen im Umweltschutz zu verbinden – zum Nutzen der Menschen und unserer Umwelt", heißt es da etwas holperig.

Heimat statt Schutz

Noch kleinkarierter war die klima- und energiepolitische Decke beim dritten Kandidaten für den CDU-Vorsitz, Jens Spahn. Deutschland fehle bisher, bekennt er auf seiner Website, die "offene Debatte" über Energiewende und steigende Strompreise, manipulierte Diesel-Autos und die wachsenden Belastungen für Familien und Bürger mit kleinen Einkommen. In welche Richtung die "offene" Debatte gehen soll, erfuhr man freilich nicht, Spahn bediente offenbar nur ein allgemein gefühltes Unbehagen.

Zu Hause im Münsterland weiß er, was er seinen Wählern schuldig ist. Vor Ort warnte Spahn schon 2012, wie in den Westfälischen Nachrichten zu lesen, man werde "die Energieprobleme Deutschlands nicht allein im Münsterland lösen können". Wie wahr, auch wenn das niemand vorhat. Stein des politischen Anstoßes war damals eine der später als Stromautobahnen berühmt gewordenen Nord-Süd-Trassen.

"Keine klimapolitische Position"

Dass Klimaschutz bei den drei Kandidaten ein Nicht-Thema ist, untermauerte heute auch eine Greenpeace-Untersuchung. Die Umweltorganisation hatte sich die insgesamt 24 Stunden Reden von Spahn, Merz und Kramp-Karrenbauer auf den acht CDU-Regionalkonferenzen angesehen. Die drei zusammen erwähnten danach den Begriff "Klimaschutz" lediglich zwei Mal.

Insgesamt waren ihnen der Ausstieg aus der Kohle und der Schutz des Klimas zwei Prozent ihrer Redezeiten wert, doch seien die Beiträge zu diesen Themen allgemein geblieben, kritisiert Greenpeace. Konkrete Maßnahmen und Pläne habe keiner der drei präsentiert.

Mitte November hatte Greenpeace, wie die Organisation weiter mitteilt, alle drei auch schriftlich zu ihrer Position im Klimaschutz befragt. Diese Fragen seien bis Donnerstag unbeantwortet geblieben. "Wenn keiner der drei Kandidaten eine klimapolitische Position vertritt, dann wirft das ein fatales Licht auf die politische Sensibilität der CDU", meinte Greenpeace-Sprecherin Marion Tiemann dazu.

Der Beitrag wurde um 15:56 Uhr und um 17:15 Uhr aktualisiert

Anzeige