Bei ihrer Einigung am vergangenen Freitag über den Haushalt 2025 ließen die Ampel-Parteien eine "Lücke" von zwölf Milliarden Euro offen. Wer sich fragte, wo das klaffende Finanzloch sich wiederfinde, erhielt am Montag teilweise Aufklärung.
Da wurde die – Klimareporter° vorliegende – Kabinettsvorlage bekannt, mit der der bereits beschlossene Haushalt für 2025 nochmals geändert und speziell im Klima- und Transformationsfonds (KTF) einige Milliarden nicht nur hin- und hergeschoben, sondern offenbar auch als Luftbuchungen eingetragen wurden.
In der Vorlage beziffert die Ampel die Ausgaben des KTF im kommenden Jahr auf 34,5 Milliarden Euro. Etwas weniger als die Hälfte davon, knapp 16 Milliarden, sollen der Förderung des Gebäude-Klimaschutzes dienen.
Weitere Milliarden sind für die Unterstützung der Mikroelektronik, die Entlastung stromintensiver Unternehmen, die klimafreundliche Mobilität und den Wasserstoff-Hochlauf vorgesehen. Da stellt sich die Frage, ob das alles wirklich den Schutz des Klimas voranbringt.
Klimafonds wird um vier Milliarden gekürzt
Über das Wichtigste schweigt sich die Koalition allerdings weitgehend aus: Wo im KTF-Budget wird gekürzt und wo nur umgeschichtet?
Im Vergleich zum Vorjahr werden 2025 die KTF-Ausgaben um etwa vier Milliarden Euro gekürzt, bilanziert Brigitte Knopf, Direktorin des neuen Thinktanks Zukunft Klima Sozial. Die Kürzungen verteilten sich sehr unterschiedlich auf die Programme, bei einigen gebe es starke Einschnitte, andere seien aber auch aufgestockt worden, erklärt die renommierte Klimawissenschaftlerin gegenüber Klimareporter°.
Am stärksten wird die Gebäudeklimaförderung zurückgefahren. Dort werden es 2,3 bis 2,4 Milliarden Euro weniger als 2024 sein, gibt Knopf an. Das zeigt auch eine von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vorgelegte Aufstellung für den Bereich der Wärme- und Gebäudepolitik.
Die Kürzungen in diesem Bereich hält Knopf für besonders problematisch. "Zum einen geht es mit dem Klimaschutz im Gebäudesektor nur schleppend voran, zum anderen müssen wir einen fossilen Lock‑in bei Haushalten vermeiden", so ihre Begründung.
Bei der Gebäudeförderung komme es nun noch stärker darauf an, die Mittel gezielt denjenigen zugutekommen zu lassen, die eine Förderung wirklich benötigen, betont Knopf.
Reichere Haushalte würden unter Zuschuss-Stopp nicht leiden
Statt einer "Sanierungsrate im Sinkflug" seien bessere Förderkonditionen und eine soziale Reform der Gebäudeförderung nötig, fordert DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Diese Förderung müsse auf mindestens 25 Milliarden Euro aufgestockt werden. "Mit der aktuellen Finanzgrundlage verschließt die Bundesregierung weiterhin die Augen vor Energiearmut und Wohnungskrise", betont Müller-Kraenner gegenüber Klimareporter°.
Ein Förderstopp, weil das Geld im KTF aufgebraucht ist, hätte übrigens nicht nur klimapolitische Folgen, machen Fachleute deutlich. Sind die Fördertöpfe leer, fehlen Mittel etwa für die energetische Gebäudesanierung.
Von einem solchen Stopp wären allerdings Haushalte, die für die Sanierung vor allem steuerliche Abschreibungsmodelle nutzen, nicht betroffen. Sie gehören meist zur begüterten Bevölkerungsschicht, die auf diese Weise im Prinzip unbegrenzt Steuermittel in Anspruch nehmen kann. Ärmere Haushalte, die auf direkte Zuschüsse angewiesen sind, blieben außen vor.
Besonders große Sorgen bereiten den Fachleuten dabei zwei Posten im KTF-Entwurf für 2025: eine globale Minderausgabe von neun Milliarden Euro sowie eine globale Mehreinnahme von drei Milliarden Euro.
Die Minderausgabe baut darauf, dass auch im kommenden Jahr einige der KTF-Milliarden nicht abgerufen werden. Grund dafür sind oft verspätete oder zu komplizierte Förderprogramme.
Zwölf Milliarden unsichere Minderausgaben und Mehreinnahmen
Das betraf bisher zum Beispiel den natürlichen Klimaschutz. Für die Renaturierung von Mooren, Auen und Wäldern waren bis 2026 ursprünglich vier Milliarden Euro vorgesehen. Für 2024 sind tatsächlich rund 750 Millionen Euro eingeplant, 2025 sollen die Mittel auf unter 600 Millionen sinken.
Das Nichtabrufen von Fördergeldern beim natürlichen Klimaschutz soll übrigens, wie zu hören ist, von vornherein eingeplant gewesen sein. Insbesondere das Finanzministerium habe entsprechende Richtlinien absichtlich so kompliziert gestaltet, damit Mittel "übrig bleiben" und sich quasi automatisch zu einer Minderausgabe summieren.
Dass sich aber in einem KTF-Fonds von insgesamt 34 Milliarden Euro im nächsten Jahr eine Minderausgabe von neun Milliarden zusammenkratzen lässt – diese Annahme scheint von vornherein eine Luftbuchung zu sein.
Die jetzt schon geplanten Minderausgaben sind für Christiane Averbeck ein riskantes Spiel. Die Bundesregierung wette darauf, dass ihre eigenen Förderprogramme schlecht laufen, kritisiert die Vorständin der Klima-Allianz, in der sich rund 150 Organisationen aller gesellschaftlichen Bereiche zusammengeschlossen haben.
"Zu wenig abgerufene Mittel, etwa beim Heizungstausch oder der Energieberatung, können aber nicht das Ziel sein", betont Averbeck gegenüber Klimareporter°. Mit diesem Haushalt wolle sich die Ampel nur in die nächste Legislatur retten.
Kerstin Andreae, Chefin des Energie- und Wasserwirtschaftsverbandes BDEW, zeigte sich am Montag nicht nur von der riesigen Minderausgabe überrascht, sondern auch von der im KTF-Plan aufgeführten globalen Mehreinnahme von drei Milliarden Euro.
Dazu muss man wissen, dass sich 2025 die Ausgaben des KTF von rund 34,5 Milliarden Euro laut Ampel so finanzieren sollen:
- 6,7 Milliarden Euro sollen aus dem bestehenden europäischen Emissionshandel für Energie und Industrie kommen, gut 200.000 Euro mehr als 2024.
- 15,4 Milliarden sollen aus dem nationalen CO2-Preis für Kraft- und Brennstoffe kommen, etwa 3,2 Milliarden mehr als im Vorjahr. Der Preis pro Tonne CO2 soll dabei von 45 auf 55 Euro steigen.
- 0,3 Milliarden sollen aus der nahezu aufgebrauchten Rücklage des KTF kommen.
- Neun Milliarden Euro sind die erwähnte globale Minderausgabe.
Das sind zusammen aber erst 31,4 Milliarden, also fehlen noch rund drei Milliarden. Die sollen mit der globalen Mehreinnahme in den KTF gespült werden.
Und weil im Bundeshaushalt 2025 bislang kein Zuschuss an den KTF mehr eingeplant ist, können die Mehreinnahmen eigentlich nur aus dem Emissionshandel oder dem CO2-Preis kommen. Also müssten die Preise im EU-Emissionshandel kommendes Jahr deutlich höher liegen als derzeit – oder die deutschen Haushalte dürften 2025 trotz höherem CO2-Preis nicht an Brenn- und Kraftstoffen sparen.
Das würde wiederum das Klimaschutz-Ziel eines CO2-Preises konterkarieren.
BDEW-Chefin Andreae jedenfalls wies ausdrücklich darauf hin, dass aufgrund der zwölf Milliarden, auf die sich die globalen Minder- und Mehrausgaben summieren, nur zwei Drittel des vorgesehenen KTF-Budgets "verlässlich" zur Verfügung stünden.
"Das schürt unnötige Unsicherheit dahingehend, ob die Fördertöpfe in versprochenem Umfang in Anspruch genommen werden können", warnte Andreae. "Eine Sperre des KTF bei Überzeichnung würde die Energiewende ausbremsen und Vertrauen leichtfertig zerstören." Auch zeige sich erneut, dass die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung nicht ausreichen würden, um die Transformation zu finanzieren.
Finanzpolitisch gleicht der Entwurf des KTF-Budgets einem Vabanquespiel. Es bleibt Haushaltsexegeten überlassen, herauszufinden, warum das Zwölf-Milliarden-Problem im KTF der gesamten Haushalts-"Lücke" entspricht.
Die Arbeit, einen klimapolitisch einigermaßen plausiblen Haushalt für das nächste Jahr hinzubekommen, hat die Regierung jetzt jedenfalls dem Bundestag überlassen.
Ergänzung am 21. August: Das Bundesumweltministerium teilte am heutigen Mittwoch mit, dass im KTF nunmehr für den Zeitraum von 2024 bis 2028 rund 3,5 Milliarden Euro für den natürlichen Klimaschutz vorgesehen sind. Für das laufende Jahr zeichne sich dabei ein Mittelabfluss von bis zu 320 Millionen Euro aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz ab.
Hinweis: Die Angaben im vierten Abschnitt zum natürlichen Klimaschutz im KTF wurden, auch aufgrund der vorliegenden Mitteilung des Bundesumweltministeriums, korrigiert und aktualisiert.