Montage: Geldscheine erscheinen durchsichtig, dahinter eine Stromzähler-Anzeige.
Wie die Stromrechnung zustande kommt, soll transparenter werden. (Foto: Photopix/​Shutterstock)

Das Stromnetz ist ein "natürliches Monopol" und wird als solches von staatlichen Stellen – allen voran den zuständigen Behörden von Bund und Ländern – reguliert. Das soll Verbraucherinnen und Verbraucher davor schützen, dass Netzbetreiber ihre Gebietsmonopole durch das Abschöpfen von Monopolrenten ausnutzen. Dafür gibt es eine Obergrenze für die Netzerlöse und einen Benchmark für die Betriebskosten.

Die aktuelle Regulierungspraxis führt nach Einschätzung unabhängiger Akteure wie Agora Energiewende und Verbraucherzentralen zu überhöhten Netzentgelten. Stromkund:innen bezahlen zurzeit für den Netzbetrieb knapp acht Cent pro Kilowatt, das ist der größte Kostenblock auf der Stromrechnung. Die gesamten Netzentgelte summieren sich bei den von der Bundesnetzagentur regulierten Betrieben aktuell auf 25,7 Milliarden Euro jährlich.

Netzentgelte dürfen nur notwendige und netzbezogene Kosten umfassen. Um das sicherzustellen, bräuchte es transparente Kalkulationsgrundlagen, die für fachkundige Dritte vollständig nachvollziehbar sind. In der Praxis ist das bislang nicht der Fall.

Doch es gibt Bewegung. Eine Novelle des Energiewirtschaftsrechts, die sich in der parlamentarischen Beratung befindet, könnte bereits vor dem Sommer dazu führen, dass Netzbetreiber die Veröffentlichung ihrer Kalkulationsdaten künftig hinnehmen müssen.

Damit wird die Tür für eine bessere Kontrolle der Netzkosten geöffnet. Dies kann mittelfristig zu einer Entlastung der Verbraucher:innen in Milliardenhöhe führen.

Kalkulation bislang Geheimsache

Von 2017 bis 2021 sind die Netzentgelte um durchschnittlich zehn Prozent gestiegen, mancherorts um 30 Prozent und mehr. Als Grund wird meist pauschal die Energiewende angeführt.

Ob das stimmt, ist nicht nachprüfbar. Denn die Netzbetreiber haben gerichtlich durchgesetzt, dass sie die Grundlagen für die Kalkulation der Netzkosten den Kunden und der Öffentlichkeit vorenthalten dürfen. Auf den Webseiten der zuständigen Bundesnetzagentur werden lediglich geschwärzte Daten veröffentlicht (siehe Grafik).

Tabelle, in der bei allen Stromversorgungsunternehmen die Kalkulation der Netzkosten geschwärzt ist.
Geschwärzte Daten über die Kosten des Netzbetriebs 2021. (Grafik: Bundesnetzagentur/​Lichtblick)

Der Ökostrom-Marktführer Lichtblick hat jahrelang dafür gestritten, dass Netzbetreiber zentrale Daten zur Kostenstruktur veröffentlichen müssen. Dies war in der Anreizregulierungsverordnung zwar so geregelt, die Praxis sah aber anders aus.

Der Bundesgerichtshof (BGH) beschied im Dezember 2018, dass es zwar ein Anrecht der Öffentlichkeit auf Transparenz bei den Netzbetriebskosten gebe. Allerdings müsse die Pflicht zur Veröffentlichung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Netzbetreiber in einem Gesetz geregelt werden, eine Verordnung reiche dazu nicht aus.

Das stärkte zunächst die Netzbetreiber, denn die Politik schwieg dazu.

Endlich Transparenz in Sicht

Mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) hat die Bundesregierung im Januar dieses Jahres die Chance ergriffen, das BGH-Urteil aufzunehmen und die Veröffentlichungspflicht direkt im Energierecht zu regeln.

Die Veröffentlichungspflichten im neuen Paragrafen 23b gehen etwas über das Niveau in der Anreizregulierungsverordnung hinaus. So werden zukünftig auch Informationen zu den Kapitalkosten veröffentlicht, die einen signifikanten Anteil der Netzkosten ausmachen.

Zudem ist ausdrücklich eine Verordnungsermächtigung verankert, über die die Bundesregierung bei Bedarf weitere Transparenzanforderungen erlassen kann.

Bemerkenswert ist auch der Satz in der Begründung, dass das berechtigte Interesse der Netzbetreiber an der Geheimhaltung ihrer Daten verfassungsrechtlich "als weniger gewichtig" einzustufen ist als das Transparenzinteresse der Allgemeinheit.

Kommt das neue Energierecht noch?

Die Debatten um die EnWG-Novelle laufen bereits seit Beginn des Jahres. Inhaltlich werden sie mehr und mehr durch Anpassungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und beim Klimaschutzgesetz überlagert, die kurzfristig im "Huckepack-Verfahren" an die EnWG-Novelle angehängt werden sollen.

Eigentlich sollte das neue Energiewirtschaftsgesetz noch im Mai verabschiedet werden. Jetzt könnte sich der Zeitpunkt nach hinten verschieben. Im schlimmsten Fall droht die neue Transparenzregelung durch einen Koalitionsstreit um die neuen Klima- und Energieziele auf die Zeit nach der Wahl verschoben zu werden.

Damit wäre ein Beschluss im laufenden Jahr unwahrscheinlich. Das wäre ein politischer Offenbarungseid, der verhindert werden muss.

Verabschiedung nicht verzögern

Als Netznutzer setzt sich Lichtblick seit Langem für transparente und angemessene Netzentgelte ein und hat dafür zahlreiche Verfahren bis hin zum Bundesverfassungsgericht geführt. Die aktuelle Novelle ist ein Meilenstein für faire Netzkosten.

Die neue Rechtslage wird einen Vergleich der Kostenparameter zwischen den einzelnen Netzbetreibern ermöglichen. Auch dürften künftig wissenschaftliche Untersuchungen zur Regulierung eine adäquate Datenbasis vorfinden und für Transparenz sowie einen öffentlichen Diskurs über die Netzentgelte sorgen.

Die Regierungskoalition muss nun dafür sorgen, dass Bundestag und Bundesrat noch im Juni über die Energiewirtschaftsrechtsnovelle beschließen können, damit eine Senkung der Netzentgelte durch einen effizienten Betrieb auf einer fundierten Grundlage möglich ist und Stromkund:innen besser über die Berechnungsgrundlagen informiert und durch faire, angemessene Netzentgelte entlastet werden.

Dieser Beitrag wurde nicht von der Redaktion erstellt. Er ist in Kooperation mit der Lichtblick SE in der Rubrik Advertorials erschienen.