Vorbereitungskonferenz in Bonn
Vorbereitungskonferenz in Bonn: Ohne Regelwerk sind die Klimaziele der Staaten nicht vergleichbar. (Foto: Susanne Schwarz)

Dieses Jahr sollen drei klimapolitische Prozesse zum Abschluss kommen: die Verhandlungen über die "Gebrauchsanleitung" für das Pariser Klimaabkommen, die erste Prüfung der Zielerreichung und der Bericht des Weltklimarats zum 1,5-Grad-Ziel. Das könnte für neue Dynamik in der Klimapolitik sorgen.

Die diesjährige Runde der Klimaverhandlungen beginnt nächste Woche in Bonn. Dort müssen Fortschritte bei der Erarbeitung der Gebrauchsanweisung für das Paris-Abkommen erzielt werden, damit diese beim Klimagipfel im Dezember in Polen dann auch verabschiedet werden kann.

"Das hört sich nach einer sehr technischen Übung an, ist aber wichtig", sagt Todd Stern, der ehemalige Klimagesandte der USA. "Diese Regeln haben viel damit zu tun, wie stark das System wird."

Derzeit liegen für diese Regeln Ideensammlungen vor, die nun in Verhandlungstext überführt werden müssen. Dabei geht es von der Ausgestaltung der nationalen Klimapläne über die Buchhaltung für Emissionen und Klimahilfen bis zur Prüfung, ob die Ziele des Abkommens auch erreicht werden.

Zum Stand der Arbeit gibt es unterschiedliche Aussagen. Stern sagt: "Die Verhandlungen geben derzeit Anlass zur Sorge." Die beiden Verhandlungsleiterinnen Sarah Baashan (Saudi-Arabien) und Jo Tyndall (Neuseeland) erklären hingegen, die Arbeiten seien "auf Kurs", allerdings müsse das Tempo "deutlich erhöht" werden.

Streit zwischen armen und reichen Ländern

Wie gewohnt ist die Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern das heikelste Problem. Das Paris-Abkommen verpflichtet alle Länder zum Klimaschutz und damit erstmals auch Entwicklungsländer. Das schließt unterschiedliche Regeln aber nicht automatisch aus. Eine Länderallianz um China und Indien will deshalb erreichen, dass zwei verschiedene Gebrauchsanleitungen erarbeitet werden.

Das wollen die Europäer und die USA unbedingt verhindern. Franz Perrez, der Leiter der Schweizer Delegation, ist optimistisch, dass das gelingt: "Ich bin zuversichtlich, dass es nur ein Regelbuch geben wird." Wie vom Paris-Abkommen vorgesehen, werde dieses aber "spezifische Flexibilitäten" für die ärmsten Länder und die kleinen Inselstaaten enthalten.

Die Regierungen müssen nachschärfen

Aber auch das beste Regelwerk bringt wenig, wenn den Ländern der Ehrgeiz fehlt, die Ziele auch zu erreichen. Noch sind die Klimapläne der Länder unzureichend, um die Klimaerwärmung auf "deutlich unter zwei Grad" oder besser noch auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie es der Paris-Vertrag verlangt. Das wird das Ergebnis der diesjährigen Bestandsaufnahme, des sogenannten Talanoa-Dialogs, sein.

Dieser soll drei Fragen klären: "Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Wie schaffen wir das?" Anschließend wird von den Ländern erwartet, dass sie ihre Klimaziele nachschärfen. Im Fall der EU wirkt dieser Mechanismus bereits. Die EU-Staaten haben die EU-Kommission damit beauftragt, Anfang nächsten Jahres einen langfristigen Klimaplan vorzulegen, der mit den Zielen des Paris-Abkommens kompatibel ist.

Das dritte klimapolitische Puzzlestück in diesem Jahr ist schließlich der Sonderbericht des Weltklimarats IPCC zum 1,5-Grad-Ziel. Dieser soll klären, ob die Erwärmung überhaupt noch auf diesen Wert begrenzt werden kann und wie.

"2018 ist das wichtigste Jahr seit Paris"

Umweltorganisationen hoffen, dass aus dem Zusammenwirken von Regelwerk, Bestandsaufnahme und 1,5-Grad-Bericht eine neue Dynamik entsteht. David Waskow, Klimachef des Washingtoner World Resources Institute, sagt: "Das Jahr 2018 ist das wichtigste seit Verabschiedung des Paris-Abkommens im Dezember 2015."

Der Schweizer Perrez zeigt sich überzeugt, dass zumindest die Klimadiplomaten liefern werden: "Die Klimaverhandlungen haben in den letzten Jahren am Schluss immer das gebracht, was für den Prozess wirklich nötig ist."

Um zu erreichen, was fürs Klima nötig ist, müssen aber auch die Politiker weltweit liefern, betont Sven Harmeling von der Entwicklungsorganisation Care: "Die Regierungen müssen alle Möglichkeiten prüfen, um die Abkehr von fossilen Brennstoffen zu beschleunigen."

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