Trockener, aufgerissener Boden in Nahaufnahme.
Dürre verursacht hierzulande hohe Schäden – auch weil Deutschland ein reiches Land ist. (Foto: Martin Vorel/Libreshot)

Es ist Tradition auf den Weltklimagipfeln. Seit 2006 veröffentlicht die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch bei der "COP" ihren globalen Klima-Risiko-Index. Der KRI zeigt auf, wie stark welches Land bisher unter Extremwetter leidet, das infolge der Klimakrise zunimmt.

Die am heutigen Mittwoch in Madrid vorgestellte neue Ausgabe, die auf Daten von 2018 beruht, hat eine Überraschung parat: Erstmals findet sich Deutschland unter den drei vom Klimawandel am stärksten betroffenen Staaten. Grund für den dritten Platz sind die Hitzewellen, die Rekorddürre und die schweren Stürme letztes Jahr.

Nur Japan und die Philippinen waren laut dem neuen Klima-Risiko-Index noch stärker von Extremwetter-Ereignissen betroffen. Im Langfrist-Index für die letzten 20 Jahre sind Puerto Rico, Myanmar und Haiti die am schlimmsten von Stürmen, Überflutungen und Dürren heimgesuchten Länder.

Tatsächlich markiert das Jahr 2018 in Deutschland einen Einschnitt. Es war das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, im Sommer fielen nur 61 Prozent der üblichen Regenmenge, und so waren im Oktober 70 Prozent der Böden von Dürre betroffen.

Bundesweit wurden Schäden von rund 4,5 Milliarden Euro durch die Wetterextreme verzeichnet. Hauptursachen waren neben Hitze und Trockenheit, die Ernteausfälle und Waldbrände verursachten, vor allem die Orkantiefs Friederike im Januar und Fabienne im September. Den Hitzewellen werden rund 1.200 vorzeitige Todesfälle zugerechnet. Deutschland, im KRI vor einem Jahr noch auf Platz 40, kam so in die tragische Spitzengruppe.

Große Buchstaben, grün angestrahlt:
Foto: Susanne Schwarz

Live von der COP 25

Die 25. UN-Klimakonferenz findet vom 2. bis zum 13. Dezember in Madrid statt. Klimareporter° ist vor Ort und berichtet direkt vom Konferenzparkett.

"Der Klima-Risiko-Index zeigt, dass massive Klimawandel-Folgen weltweit zunehmen", sagt Germanwatch-Experte Maik Winges. Die Schäden entstehen immer öfter auch in Industrienationen wie Deutschland – oder Japan, das diesmal sogar von allen Ländern am stärksten betroffen war. Die Gesamtschäden in Deutschland betrugen umgerechnet rund 32,2 Milliarden Euro.

Die Bundesregierung müsse auf die Ergebnisse reagieren, fordert Greenpeace-Klimaexpertin Lisa Göldner in Madrid im Gespräch mit Klimareporter°. "In Deutschland vertrocknen Ernten, Wälder brennen und anhaltende Hitze wird für Menschen lebensbedrohlich – dennoch drückt sich die Bundesregierung weiter vor konsequentem Klimaschutz", kritisiert sie.

"Die einzige Antwort auf die Klimakrise ist, die Emissionen schnell und deutlich zu senken", sagt Göldner. "Und das geht nur mit einem sofortigen Start in den Kohleausstieg, einem raschen Ausstieg aus Diesel und Benzin und einem Ende der Massentierhaltung."

Schäden in armen Ländern werden unterschätzt

Winges von Germanwatch betont, dass die ärmsten Staaten der Welt im Vergleich aber immer noch den größeren Risiken ausgesetzt seien. Zudem würden die Schäden in diesen Ländern wegen der schlechteren Datenlage eher unterschätzt. So fehle es in Teilen Afrikas bisher an umfassenden Informationen über die Folgen von Hitzewellen.

Der 20-jährige Langfrist-Index zeigt, dass sieben der zehn am stärksten betroffenen Staaten Entwicklungsländer mit niedrigen oder unteren mittleren Einkommen sind. Der Inselstaat Puerto Rico, ganz oben platziert, wird von Germanwatch als Beispiel für die wachsende Zahl von Ländern genannt, in denen ein einziger verheerender Hurrikan so massive Schäden hinterlässt, dass dort viele Jahre für den Wiederaufbau gebraucht werden. Hinzu komme, dass in Ländern wie Haiti, den Philippinen oder Pakistan extreme Wetterlagen in so kurzen Abständen wiederkehrten, dass die betroffenen Regionen sich kaum noch davon erholen könnten.

"Dies zeigt, wie wichtig es ist, dass arme Länder nicht nur bei der Anpassung an den Klimawandel, sondern auch bei nicht mehr vermeidbaren Schäden und Verlusten Unterstützung von den Hauptverursachern des Klimawandels erhalten", sagt Vera Künzel, Co-Autorin des neuen Index.

Auf dem Madrid-Gipfel ist das eines der hart umstrittenen Hauptthemen. Hier soll der bereits 2013 beschlossene "Warschau-Mechanismus" umgesetzt werden, über den arme Länder Hilfen von Industriestaaten bekommen sollen. Bislang ist immer noch offen, wie der Umfang der benötigten Gelder ermittelt wird und von wem und wie sie aufgebracht werden.

Weltweit forderten laut dem KRI-Report in den letzten 20 Jahren über 12.000 extreme Wetterereignisse knapp 500.000 Todesopfer und verursachten rund 3.500 Milliarden US-Dollar Schäden (in Kaufkraft-Paritäten gerechnet).

Germanwatch verweist darauf, dass neue Studien den Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und den an Zahl und Intensität zunehmenden Hitzewellen bestätigt haben. In weiten Teilen Europas zum Beispiel sei die Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen heute bis zu hundertmal größer als noch Anfang des 20. Jahrhunderts.

Der Klima-Risiko-Index wird auf der Grundlage von Daten des Rückversicherers Munich Re sowie des Internationalen Währungsfonds (IWF) erstellt.

Alle Beiträge zur Klimakonferenz in Madrid und zum Alternativgipfel in Santiago finden Sie in unserem COP-25-Dossier.

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