Trockenes Feld mit jungen Maispflanzen.
Trockenes Feld mit jungen Maispflanzen: Künstliche "Huminstoffe" sollen Böden fruchtbarer machen. (Foto: Couleur/​Pixabay)

Die Böden sind wichtig. Das weiß jeder. Praktisch alles, was uns ernährt, schlägt seine Wurzeln im Boden. Ob Getreidepflanze, Apfelbaum oder Kaffeestrauch.

Doch Äcker und Grünland stehen unter Druck. Verdichtung, Abholzung, Monokulturen und Flurbereinigung fördern die Erosion. Verschärft wird die Lage durch den Klimawandel, der mehr Dürren, aber auch Starkregen bringt. Hinzu kommen Überdüngung, Pestizidfrachten und Mikroplastikbelastung.

Weltweit fast zwei Milliarden Hektar Acker- und Weideland leiden unter Bodenverschlechterung, und so erodiert auch ein wichtiger CO2-Speicher

Der heutige Weltbodentag ist ein guter Anlass, das sonst unterbelichtete Thema mal wieder aufzugreifen. Und auch einen neuen Ansatz vorzustellen, die Degradation der Böden aufzuhalten und sie wieder anzureichern. Das Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam-Golm hat die Technologie entwickelt. Eine Art Zeitmaschine für mehr Fruchtbarkeit.

Es geht darum, die Bodenqualität durch Zugabe "künstlicher Huminstoffe" zu verbessern. Huminstoffe sind Bestandteile des fruchtbaren Humusbodens, die ihm auch die dunkle Farbe verleihen. Normalerweise entstehen sie, in dem sich biologisches Material zersetzt, heruntergefallene Blätter oder abgestorbenes Gras zum Beispiel.

Das Problem: Auf natürliche Weise dauert dieser Prozess Jahre. Institutschef Markus Antonietti beschreibt die Dramatik so: "Im Hinblick auf die weltweit zunehmend schlechte Bodenqualität müssen wir schneller sein als die Natur." Denn in ein paar Jahren müssten zehn Milliarden Menschen ernährt werden, und die Klimakrise gelte es auch zu bewältigen.

Den Potsdamern ist, wie sie schreiben, im Labor die Beschleunigung dieses Prozesses gelungen. Sie verwendeten Bioabfälle wie Grünschnitt, Laubabfälle oder Baumrinde, die durch ein spezielles "Kochrezept" in ein mit natürlichen Huminstoffen vergleichbares Produktgemisch verwandelt werden, das den Böden hinzugefügt werden soll.

Versuche hätten gezeigt, dass sich so die Bodenqualität verbessern lässt – was zudem dann ganz außerordentlich zur CO2-Bindung im Boden beitrage.

Gewaltige Dimensionen

Die internationale Chemikervereinigung IUPAC wählte die neue Technologie jüngst in die "Top Ten der aufkommenden Technologien in der Chemie 2021". Grund: Sie könne ein Lösungsbaustein für die Klimakrise sein.

Freilich wären die Dimensionen gewaltig. Um zwei Milliarden Hektar Ackerland auf diese Weise zu verbessern, brauche man zwei Milliarden Tonnen Huminstoffe, rechnet das Potsdamer Institut vor. Die zu produzieren, wäre eine Großaufgabe.

Doch so könnten bis zu 350 Milliarden Tonnen CO2 gebunden werden. Das entspreche der Menge an dem Treibhausgas, die in den letzten zehn Jahren zusätzlich von der Menschheit emittiert wurde.

Joachim Wille ist Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Die Menschheit wird die Klimakrise, selbst wenn sie ab jetzt radikal CO2 einsparen sollte, ohne "negative Emissionen" wohl kaum in den Griff bekommen.

Doch dann sollte man zu solchen Methoden greifen, die an die Natur angelehnt sind. Statt Schwefel in die Atmosphäre zu pusten, um die Sonne auszuknipsen, oder das Meer mit Eisen zu düngen, um CO2-speichernde Algen wachsen zu lassen.

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